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Tagebuch - Mai 2006

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Montag, 1. Mai 2006 - Tag der Arbeit

[01.05.06, mo, 11:40]

Wegen mir könnte der heutige Feiertag abgeschafft werden, wenn es endlich wieder deutlich weniger Arbeitslose geben würde: Rund 5.000.000 Menschen in Deutschland offiziell ohne Arbeit ist eine Schande!

Weniger Arbeitslose erfüllt das Ziel jedoch nur, wenn es mehr Arbeitende gibt, die auch von ihrem Verdienst nicht nur leben können, sondern auch eine Familie ernähren.

Auf dem Arbeitsamt sagte man mir: Wenn man sich Mühe gibt, bekommt man auch Arbeit!

Ja, klar, antwortete ich, für 3 Euro brutto die Stunde.

 

Das hatte ich einfach so gesagt, dachte hinterher, ich hätte ja nicht so zu übertreiben brauchen. Einige Tage später wurde mir jedoch klar, daß ich die Wirklichkeit nur knapp verfehlt hatte.

Jemand erzählte mir nämlich, das Arbeitsamt hatte ihm, damit er endlich nicht mehr langzeitarbeitslos ist, an eine Gärtnerei vermittelt. Dort bot man ihm an, 48 Stunden die Woche für 3 Euro 60 brutto die Stunde zu arbeiten.

So sieht es aus, hier im Osten Deutschlands!

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Mittwoch, 3. Mai 2005

[03.05.06, mi, 15:00]

Am 26. März 1994 kaufte ich James Taylor's "Der Range Rover". Das Buch erzählt die Geschichte des Geländewagens Range Rover.

Einige Zeit davor hätte ich fast einen Range Rover mit Vergasermotor und Schaltgetriebe gekauft. Das Fahrzeug stand unweit vom Bahnhof Griebnitzsee, war jedoch nicht fahrbereit (die Vergaser waren ausgebaut, lagen im Wagen).

Der Besitzer, den ich durch das polizeiliche Kennzeichen ermitteln konnte, sagte mir, er hätte keine Ahnung, warum der Range nicht mehr fährt.

Um unübersehbare Kosten zu vermeiden, kaufte ich das Fahrzeug schließlich nicht, obwohl es nicht teuer sein sollte.

Zu der Zeit fuhr ich meinen ersten Mercedes, einen Strich 8 Diesel Schaltwagen, schon lange. Der Wagen würde jedoch nicht mehr lange durchhalten, weil die Karosserie durchgerostet war (man konnte tatsächlich während der Fahrt mitlaufen, nachdem man die Fußmatte hochgehoben hatte, bevor ich die größten Löcher verschloß).

Mein nächster Wagen wurde eine Mercerdes S-Klasse 280 Automatik. Sehr schönes Fahrzeug. Aber nur mit einem Reihen-6-Zylinder-Motor, keinem V8, den der Range hatte.

Nach der S-Klasse kaufte ich einen weiteren Mercedes Diesel Schaltwagen, mit dem ich allerdings nicht viel Freude hatte.

Ab 1995 verdiente ich dann nicht mehr genug, um mir eine Auto kaufen und leisten zu können. So konnte ich mir auch nicht meinen Traum, einen Range Rover V8 zu besitzen, erfüllen.

 

Jetzt, über ein Jahrzehnt später, greife ich meinen Traum wieder auf und habe für morgen eine Besichtigung eines Range Rovers V8 Schaltwagen vereinbart.

Der Wagen ist 24 Jahre alt, kostet nicht viel und sieht auf den Fotos nicht schlecht aus.

Ich kann den morgigen Tag kaum erwarten!

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Donnerstag, 4. Mai 2006

[04.05.06, do, 18:30]

Oh, Mann, hört sich der V8 geil an!

Sofort sprang der Motor an, lief nach kurzer Zeit rund, blubberte bald gleichmäßig zum Verlieben schön im Standgas.

Schon oft habe ich V8 gehört, aber noch nie wurde einer für mich angelassen, noch nie lief einer, um mir zu gefallen, noch nie so dicht neben wir, als wären wir ein Paar.

Leider entpuppte sich die Beschreibung "hat einige Roststellen" als die Liebkosung eines Liebenden, der seine Frau mit einer leichten Gebehinderung beschreibt, obwohl ihr beide Beine amputiert wurden.

Probegefahren bin ich den Range Rover nicht, weil ich fürchtete, vordere Kotflügel zu verlieren.

Den Wagen hätte ich nicht einmal geschenkt genommen, weil viele, viele Stunden und viele, viele Euro nötig sind, um ihn verkehrssicher zu machen.

So fuhr ich dann los in dem Bewußtsein, so schnell und günstig wie erhofft und gewünscht keinen Range Rover besitzen zu werden.

Noch jetzt, Stunden nachdem der Range für mich gesungen hat, höre ich sein kräftiges und sanftes Flehen: Laß mich hier nicht verrotten!

Tut mir leid, du wärst bei mir in guten Händen gewesen, aber wir haben uns zu spät kennengelernt. Sehr schade.

Nicht zuletzt, weil Range Rover mit Vergasermotor und Schaltgetriebe nicht mehr oft in brauch- und bezahlbaren Zustand zu erwerben sind.

 

[19:25]

Als ich vorhin enttäuscht nach Hause gekommen bin, wurde ich sehr depressiv, wollte am liebsten eine Woche schlafen.

Nachdem ich meine Trauer beschrieben habe, hat mich mein Schwermut verlassen. Ich bin bereit für die nächste Bekanntschaft!

Vielleicht, fühle ich, muß es dann kein Range Rover V8 mit Vergasermotor und Schaltgetriebe mehr sein, sondern vielleicht werde ich mich auch in einen Range Rover V8 mit Einspritzmotor und Automatikgetriebe verlieben.

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Freitag, 5. Mai 2006

[05.05.06, fr, 19:20]

Heute nacht träumte ich, einen besseren Range Rover zu kaufen. Bevor ich den Motor starten konnte, wachte ich jedoch auf.

Selbstschutz, weil eine (vermeintlich) so günstige Gelegenheit so schnell nicht in Sicht ist?

 

Nachdem ich heute in mich hineingefühlt habe, ist mir klar: Ein Lada Niva erfüllte seinen Zweck, wäre leichter für mich zu unterhalten, aber er wäre ein "Arbeitsauto", mit dem ich Spaß haben würde wie mit jedem anderen Auto, während ein Range Rover V8 mich schon beglückt, wenn der Motor läuft, ohne einen Meter gefahren zu sein.

So ist das, und da kann ich mir so vernünftig kommen, wie es überhaupt geht: daran ändert sich nichts, außer ich würde mein Gefühl unterdrücken.

 

Ich weiß, wovon ich rede, denn ich bin schon einige "vernüftige" und einige "unvernüftige" Autos gefahren. Übrigens bereits in der DDR: Trabant 601 und Wolga M 24 - den Trabant hab ich mir schön gerast, den Wolga fand ich schön und war gemütlich mit ihm unterwegs war.

Wenn ich daran denke, wie geil es war, in der Stadt im dritten oder vierten (höchsten) Gang etwas über Standgas um eine Kurve zu fahren, wird mir jetzt noch ganz warm ums Herz, obwohl ich meinen Wolga 1983 verkaufte.

Ich habs eben gern bequem im Auto, fahre gern große Motoren mit wenig Drehzahl und schaukle gern gemütlich abseits großer Straßen.

Deshalb schockt mich der Benzinverbrauch eines Range Rover V8 auch nicht. Ich brauche den Wagen außerdem ja nicht, um zur Arbeit zu fahren, sondern nur um Spaß zu haben und hin und wieder zu verreisen.

Die durchschnittlich 13 Liter verbleites Benzin auf 100 Kilometer, die mein Mercedes S-Klasse 280 während meiner Reisen verbrauchte, haben meine Reiselust nur deshalb eingeschränkt, weil der Wagen auf Kurzstrecken 20 Liter auf 100 Kilometer brauchte und zusätzlich und extrem Benzingeld verlangte.

 

Wie schön war es in Norwegen Serpentinen gemütlich hinauf zu fahren, einfach nur mehr oder weniger Gas zu geben, während die meisten anderen Autos vor jeder Kehre runter-, nach jeder Kehre hochschalteten.

Der Sechszylinder mit Automatik hörte sich scharf an, machte die Fahrt die Berge hinauf zu Genuß, war mir aber immer etwas zu "sportlich". Das dunkle Blubbern eines V8 in Verbindung mit einer Automatik wird mich die Serpeninen hinauf in einen Glücksrausch versetzten. Gar nicht vorzustellen, welch grandioses Gefühl sich während einer Fahrt auf einer alte, unbefestigten Paßstraße, die ich mit meiner S-Klasse nicht nutzen konnte, einstellt.

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Samstag, 6. Mai 2006

[06.05.06, sa, 9:50]

Da kann ich nun endlich mal ausschlafen, aber in der Wohnung unter dröhnen die Bässe so laut, daß ich glaube, die Wände werden eingeschlagen und urplötzlich aus dem Tiefschlaf gerissen werde, werder weiß, wer ich bin, noch wo ich bin, als ich unter dem angsteinflößenden Dröhnen aufwache.

 

[9:55]

Nun ist es wieder still. Was war das denn für eine verfickte Aktion?

 

[10:00]

Noch einmal einzuschlafen, schenke ich mir: so möchte ich heute nicht noch einmal geweckt werden.

 

[10:05]

Ich gehe einkaufen. Wollte ich heute ohnehin, wenn auch später.

Im Hausflur treffe ich den unter mir wohnenden Herren. Als ich die ersten Worte zu ihm sage, riche ich schon, was los ist: Suff!

Nachdem er sagt, so laut war die Musik doch nicht, sage ich, wir reden später drüber, und denke, die Strafe hast du schon bekommen: Alkoholiker.

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Sonntag, 7. Mai 2006

[07.05.06, so, 10:30]

Im Traum heute nacht war ich sehr lange unterwegs, besuchte viele Städte, lernte viele Menschen kennen, denen mein Buch sehr viel bedeutet.

Welches Buch? - Das habe auch ich mich befragt, als ich aufgewacht war.

 

Tatsächlich geht es jedoch nicht um ein Buch, sondern um das Leben, das ein Mensch nachhaltig beeinflußt hat.

Die letzten Tag lese ich in seinem Buch, von dem heute niemand mehr sprechen würde, hätte der Autor das brave Lebens seines Vaters gelebt.

Mein Traum sagte mir also: Wenn du kein außergewöhnlicher Schriftsteller werden kannst, werde doch ein außergewöhnlicher Mensch - dann wird man auch deine Schreiberei nicht vergessen.

Um ein unverfängliches Beispiel zu nennen: Würde ich 150 Jahre alt werden und im Jahre 2109 noch immer fröhlich meine Homepage füttern und veröffentlichen, würde sie schon nur deshalb besucht, weil Gott und die Welt wissen wollten, weshalb ich ein halbes Jahrhundert älter als ein durchschnittlich alter Mensch eines Industriestaates geworden bin.

 

[12:45]

Eben habe ich etwas in Dan Browns "The Da Vince Code" und die dessen deutscher Übersetzung "Sakrileg" gelesen.

Zuerst laß ich den Anfang des ersten Kapitel der deutschen Ausgabe:

Robert Langdon erwachte nur langsam, als käme er aus tiefer Schwärze hinauf ans Licht.

Ein Telefon klingelte schrill. Im Dunkeln tastete Langdon nach dem Schalter der Nachttischlampe. Das Licht flammte auf. Blinzelnd ließ er den Blick durch das herrschaftliche Renaissance-Schaftzimmer mit den antiken Möbeln, dem mächtigen Mahagoni-Himmelbett und dem handgemalten Fresko an der Wand schweifen.

Wo bist du?

Wen sucht er denn?, fragte ich mich, und las weiter.

Am Bettpfosten hing ein Jacquard-Bademante mit der Aufschrift Hotel Ritz, Paris.

Langsam lichtete sich der Nebel um Langdons Hirn.

Langdon hob den Höhrer ab. "Hallo?"

Aha, dachte ich, er hat das Telefon gesucht, und las weiter.

"Monsieur Langdon?", sagte eine männliche Stimme. "Ich habe Sie hoffentlich nicht geweckt?"

Langdon schaute benommen auf die Uhr neben dem Bett.

Nein, dachte ich, er hat die Uhr gesucht, und las weiter.

Zweiunddreißig Minuten nach eins. Er hatte erst eine Stunde geschlafen und war todmüde.

 

Dann las ich in der Original-Ausgabe:

Robert Langdon awoke slowly.

A telephone war ringing in the darkness - [a tinny ...]

Das geht ja gut los, dachte ich, aus "awoke slowly" wird "erwachte nur langsam, als käme er aus tiefer Schwärze hinauf ans Licht".

[... darkness -] a tinny, unfamilar ring. He fumbled for the bedside lamp und turned it on. Squinting at his surroundings he sow plush Renainssance bedroom with Louis XVI furnture, hand-frescoed walls, and a colossal mahogany four-poster bed.

Where the hell am I?

Verdammt, er hat sich selbst gesucht!

The jacquard bathrobe hanging on hin bedpost bore the monogram: HOTEL RITZ PARIS.

Slowly, the fog began to lift.

Langdon picket up the receiver. "Hello?"

"Monsieur Langdon?" a man's voice said. "I hope I have not awoken you?"

Dazed, Langdon looked at the bedside clock. It was 12:32 A.M. He had been asleep only an hour, but he felt like the dead.

Dann ist er einmal 23 Uhr 32, einmal 0 Uhr 32 eingeschlafen, dachte ich, und schlußfolgerte: Das ist ein Code des deutschen Übersetzers!

 

Der "Sakrileg" wird das erste Buch sein, daß ich zuerst in der Original-Sprache lese, weil ich mir die "Einfälle" der Übersetzer nicht mehr antun will.

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Montag, 8. Mail 2006

[08.05.06, mo, 13:00]

Der Anfang von Literatur-Nobelpreis-Träger J. M. Coetzee's "Waiting for the Barbarians":

I have never seen anything like it: two little discs of glass suspended in front of his eyes in loops of wire. Is he blind? I could understand it if he wandet to hide blind eyes. But he ist not blind. The discs are dark, the look opaque from the outside, but he can see through them. He tells me they are new invention. 'They protect one's eyes against the glare of the sun,' he says. 'You would find them usefull out here in the desert. They save one from squinting all the time. One has fewer headaches. Look.' He touches the corners of his eyes lightly. 'No wrinkles.' He replaces the glasses. It is true. He has the skin of a younger man. 'At home everyone wears them.'

Auf der Rückseite des Buches wird der "Daily Teleghraph" zitiert:

His novel ist impostant not olny for its theme but also for the beauty and clarity of his style.

Dem schließe ich mich gern an.

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Dienstag, 9. Mai 2006

[09.05.06, di, 14:00]

Dan Brown's "The Da Vinci Code" und die deutsche Übersetzung "Sakrileg" sind angekommen.

Beide Bücher sind broschiert.

Die englische Ausgabe hat 489 Seiten und kostet 8 Euro 30 (US-Dollar 7.99), die deutsche hat 617 Seite und kostet 9 Euro 95.

Ist mir schon bei anderen Bücher aufgefallen: die Deutschen machen aus den Bücher mehr. So werden aus William Gaddis's "The Recognitions" 956 Seiten zu 1241 Seiten "Die Fälschung der Welt". Dabei werfen gerade wir den Amerikanern gern vorn, natürliche Ressourcen zu vergeuden.

 

[16:50]

Die Übersetzung von "The Da Vinci Code" ins Deutsche ist die freizügigste, die ich bisher gelesen habe.

Ich kann mir nicht so recht vorstellen, was in dem Übersetzer vorgeht. Das einzige Bild, das ich immer wieder habe, ist ein Mann, der vor dem Spiegel steht und sich zuruft: Ich bin besser als das Original! Ich bin besser ...

Das finde ich jedoch nicht.

 

[19:30]

Ich mußte das Lesen der deutschen Ausgabe abbrechen, um das Buch nicht wütend zu verzeißen.

Zähnezusammenbeißend habe ich mich vorgearbeitet, leider mehr in der deutschen Ausgabe lesend, als mir lieb war, aber ich wollte schneller als es mir meine Englischkenntnisse erlauben, wissen, was passiert.

Als ich dann auf Seite Seite 37 las "aus dem Bereich der Kunst", obwohl im Original nur "Art" steht, dachte ich, diese Bereichscheiße hat mir jetzt noch gefehlt, und konnte meine Wut gerade noch unterdrücken, indem ich mir innerlich zurief: Bleib ruhig, sonst mußt du dir ein neues Exemplar kaufen!

Vielleicht sollte ich am 18. Mai ins Kino gehen und den Film sehen. Dann kenne ich die Handlung und kann in Ruhe im englischen Original lesen.

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Donnerstag, 11. Mai 2006

[11.05.06, do, 17:00 - Nachtrag]

Habe Adolf Hitlers "Mein Kampf" gekauft.

Für die sehr gut erhaltene Ausgabe von 1939 habe ich 150 Euro in einem Antiquariat in der Potsdamer Kurfüstenstraße, weniger Häuser von der Benkertstraße entfernt, bezahlt (50 Euro heute, 100 Euro bis zum 22. Juni 2006).

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Samstag, 13. Mai 2006

[13.05.06, sa, 10:00]

Heute bin ich wieder einmal von meinem eigenen Lachen aufgewacht.

War ein eigenartiges Erlebnis, denn zweimal hörte ich mich während des Aufwachens lachen, wußte aber noch nicht, daß ich selbst lachen, sondern glaubte, ich würde das Lachen eines anderen hören und fragte mich, wo ich denn gerade sei.

 

[18:00]

Eben habe ich einige Seiten meiner Homepage ins Englische übersetzen lassen und gelesen.

Hat mir viel Spaß gemacht, meine Web site zu lesen.

Nebenwirkung: fast alle Wörter, die nicht übersetzt wurden, waren falsch geschrieben. Hab also eine neue und leichtere Art der Korrektur gefunden: deutsche Wörter in einem englischen Text fallen besser ins Auge als falsch geschriebene.

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Sonntag, 14. Mai 2006

[14.05.06, so, 7:30]

Als ich noch (vor 10 Jahren) ein Auto hatte, fuhr ich gern sonntags morgen, wenn die Straßen noch leer waren, gemütlich durch die Gegend.

Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich bereits schon fahren.

Ich staune, wie viele Strecken und Orte ich so deutlich erinnere, daß ich glaube, erst vor kurzem dort gewesen zu sein.

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Freitag, 19. Mai 2006

[19.05.06, fr, 16:00]

Gestern hat sich eine Festplatte meines PC verabschiedet.

Mein Computer machte über mehre Stunden hin und wieder kratzende Geräusche, bei denen ich dachte, ich sollte eine Sicherungskopie meiner Daten machen.

Die CD war beschrieben, die Daten waren zu 80 Prozent überprüft, da meldete sich die Festplatte nicht mehr.

Da auf ihr die Windows-Partion lag, konnte ich den Rechner nicht mehr starten, mußte eine andere Partion als aktive definieren und Windows neu installieren.

Der Verlust der Festplatte ist nicht schlimm, war nämlich eine alte, langsame und kleine.

 

[16:40]

Ansonsten ist in dieser Woche nicht viel passiert.

Wenn ich von meinen Träumen, die mein Unterbewußtsein erzeugt, um mich zu erheitern und meinem Hirn eine Aufgabe zu geben, absehe.

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Samstag, 20. Mai 2006

[20.05.06, sa, 14:00]

In meinem Leben hat sich einiges geändert: Intellektuelle Vergnügungen interessieren mich zur Zeit nicht, sondern nur Geldverdienen.

Deshalb habe ich in letzter Zeit sehr wenig geschrieben oder gelesen, sondern mich sehr viel mit meiner Zukunft und was ich für sie zu tun bereit bin beschäftigt.

Unter anderem ist mein Wunsch, Busfahrer zu werden, noch immer aktuell. Allerdings nicht mehr nur, um hin und wieder Reisebus zu fahren, damit ich in Deutschland und Europa mir ungekannte Orte sehe, sondern um Geld zu verdienen.

Andere, mich interessierende Ort werde demnächst wieder als Individualreisender mit eigenem Fahrzeug entdecken.

Einen Termin beim Augenarzt, um zu prüfen, ob mein Bluthochdruck meine Augen geschädigt hat, habe ich bereits gemacht.

Wenn ich das nächste Mal auf dem Arbeitsamt sein werde, werde ich versuchen, den Busschein als Qualifikation bezahlt zu bekommen.

Mein Ziel ist es, noch in diesem Jahr als Busfahrer zu arbeiten sowie wieder ein eigenes Auto zu haben.

Das brauche ich ja schon, um zur Arbeit zu kommen, denn wenn der erste Bus bereit gemacht wird, fährt ja noch kein Bus, der den Busfahrer zur Arbeit bringt. Ebensowenig fährt kein Bus, wenn der Bus seinen Tagesdienst beendet hat, der den Busfahrer nach Hause bringt.

 

[15:30]

Meine Seele ist bereits Busfahrer, handelt also weniger nach dem Motto "alle Menschen sind gut", sondern eher "wer nicht bezahlt, fährt nicht mit".

Seit über 30 Jahren höre ich mir, meist mir sehr viel Verständnis, die "lustigen" Bemerkungen meines Stiefvaters an, die im Grunde jedoch nur dumm und teilweise sehr bösartig sind, weil ich mir immer gesagt habe, ihm ging und geht es schlechter als mir.

Mein Mitgefühl hatte aber auch für mich ein überraschendes Ende, als er letztes sich wieder massiv in mein Leben eingemischt hatte und außerdem noch in vollem Ernst sagte: "Wenn du dich auf dem Arbeitsamt ärgerst, geh doch einfach nicht hin!"

Dieser Satz hört sich jetzt so schlimm ja nicht an, wie er in dem Moment, als mein Stiefvater ihn sagte, auf mich, bereits durch andere "lustige" Bemerkungen "aufgeheitert", einschlug.

Und irgendwie hat er ja recht, niemand zwingt mich zum Arbeitsamt zu gehen, ich kann ja im Wald als Einsiedler leben, und wenn mir mein Leben zu müßig ist, findet sich schnell ein Baum, an dem ich mich erhängen kann, zumal ich ein entsprechendes Seil bereits aus meiner Kletterzeit habe.

Jetzt regt mich diese Bemerkung, die mir nur zeigen sollte, welcher Versager ich bin, um von seinem Versagen abzulenken, nicht auf, aber als ich ihn das erste Mal vernahm und sein kaltschnäuziges Gesicht sah, mußte ich mich sehr zu sammennehmen, ihn nicht zu töten.

Ich habe die Bilder schon vor mir gesehen: Ich schmeiße ihn, der 30 Kilo wenige als ich wiegt, im Garten über das Geländer der Terrasse in den Goldfischteich, springe hinterher, drücke ihn mit meinem Gewicht nach unten und würge ihn zusätzlich am Hals, bis er tot ist.

Das wäre er gewesen, bevor meine Mutter begriffen hätte, was passiert oder er um Hilfe hätte schreinen können.

Zum Glück war mein Geist schneller als mein Körper, denn sonst säße ich jetzt im Knast.

Um mich nicht mehr von ihm demütigen zu lassen, muß ich ihn ja nicht umbringen: ich brauche ihm nur keine Gelegenheit mehr zu geben, den Frust über sein verpfuschtes Leben an mir auszulassen.

 

Übrigens haben wir nach der Aktion noch mit einander gesprochen: er wollte sich wieder einmal ein Auto kaufen, aber dieses Mal wirklich, nämlich sein letztes, und ich habe ihm geholfen, herauszufinden, ob sich ein Diesel für ihn lohnt oder Benziner für ihn günstiger ist, ob tatsächlich ein Golf sein automobiler Höhepunkt sein sollte - jetzt fährt er einen sehr schönen größeren Wagen -, ob sein finales Auto vielleicht lieber ein Automatikfahrzeug sein sollte, das man auch noch fahren kann, wenn bei jedem Schritt die Kniee knacken usw.

Ich hatte sogar schon einen Käufer für seinen Wagen, damit der nicht zu irgendeinem Händler muß, der ihn vielleicht schlachtet.

Als mein Stiefvater aber irgendwann sagte, er wird sich keinen neuen Wagen kaufen, hat bloß bißchen geträumt, ist nicht nur mir, sondern wohl auch ihm deutlich geworden, daß er schon seit Jahrzehnten immer nur träumt, träumt, träumt von einem großen Lottogewinn, mit dem er endlich zum glücklichen Menschen wird, statt zu leben.

Plötzlich dachte ich: Zu so einem Scheiß habe ich keine Lust mehr! Seitdem habe ich kein Wort mehr mit ihm gesprochen.

 

Als ich letztend bei meinen Eltern anrief, ging er ans Telefon (er sieht die Nummer der Anrufer nicht) und meldete sich, als wäre er halbtot oder eine Maschine, der die Energie ausgeht, mit seinem Namen.

Ich sagte, hallo Vati, und da war meine Mutter schon am Apparat, obwohl sie grundsätzlich nicht gern telefoniert.

 

Einen Tag später sagte sie, er und sie seien sehr sauer mit mir, weil ich Vati schlagen wollte. Ich dachte, als er mich oder meinen Burder schlug, war das für sie in Ordnung: immer hat sie nur ihren Mann verteidigt, als ihre Söhne sich nicht mehr schlagen ließen, nie ihre Kinder, als sie sich noch nicht wehren konnten. Ich sagte (kurzgefaßt): "Wenn er so eine Scheiße mit dem Arbeitsamt sagt, muß er sich nicht wundern, wenn ich wütend werde. Dreißzig Jahre habe ich mir diese "lustigen" Sprüche angehört. Jetzt lasse ich mir sowas nicht mehr gefallen."

Sie verteidigte ihn wieder und sagte: "Du weißt doch, wie er ist."

Worauf ich antwortete: "Dann muß auch er endlich mal lernen, nämlich, was er tut und sagt, zu verantworten, ohne sich immer hinter dir zu verstecken!"

Da hat sie aufgelegt.

Was soll sie auch sonst tun, trägt sie als tatsächliches Familienoberhaupt doch die Verantwortung für alles, was in unsere Familie passiert ist, weil ein Wort von ihr die Dummheiten oder die Ausscheitungen ihres Mannes hätte beenden können, und damit wären meinem Bruder und mir sehr viel Leid erspart geblieben.

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Sonntag, 21. Mai 2006

[21.05.06, so, 10:30]

Habe eben wieder einmal einige Fotos gemacht.

Aber keine, die unbedingt gezeigt werden müssen. Hab meine Digitale einfach nur aus dem Winterschlaf geholt.

In meiner Umgebung werde ich wohl ohnehin nur noch wenig fotografieren, weil ich alles schon fotografiert habe und Fotografieren meine höchtste Leidenschaft wohl nicht werden wird.

Wenn ich wieder auf Reisen sein sollte, sieht das selbstverständlich anders aus.

Die erste größere kleine Reise wird mich wohl nach Crimmitschau, meiner Heimatstadt, führen.

Die erste größere große Reise wird mich wohl nach Norwegen bringen: Unbedingt möchte ich von "meiner Insel" und der Umgebung einige große, schöne, digitale Fotos machen.

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Montag, 22. Mai 2006

[22.05.06, mo, 18:00]

Habe mich in einem Buch über Benzineinspritzung informiert.

An einem Auto mit Benzineinspritzung habe ich noch nicht geschraubt, kenne mich nur mit Vergaser-Motoren aus.

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Dienstag, 23. Mai 2006

[23.05.06, di, 16:00]

Kaum habe ich das Arbeitsamt verlassen und weiß, daß ich und wie viel ich Arbeitslosengeld 1 bekommen, interessiere ich mich plötzlich wieder für Bücher, habe nicht mehr allem Intellektuellen abgeschworen, will nicht nur einfach Arbeiter (oder Busfahrer) sein.

Vermutlich habe ich auf "Arbeiter" umgeschaltet, damit ich auf dem Arbeitsamt stärker bin bzw. weniger verletzbar. Und bin "Arbeiter" geblieben, damit ich nicht laufend hin- und herschalten muß.

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Mittwoch, 24. Mai 2006

[24.05.06, mi, 10:00]

Gestern habe ich wieder einmal in Büchern von Henry Miller gelesen.

In "Die Welt des Sexus" unterstrich ich bereits vor Jahren auf Seite 28 (Rowohlt Taschenbuch):

Wie jeder andere Mensch bin auch ich mein schlimmster Feind. Im Gegensatz zu den meisten Menschen weiß ich jedoch, daß ich mein eigene Erlöser bin. Ich weiß, daß Freiheit Verantwortlichkeit bedeutet.

sowie auf Seite 29:

Das wirkliche Leben beginnt erst, wenn wir allein sind und unserem unbekannten Selbst gegenüberstehen.

So sehr habe ich mich also nicht verändert bzw. bin dem Ziel meiner Wünsche nähergekommen.

 

[10:20]

Leider habe ich nicht alle Bücher Millers mehr, weil ich einige einer jungen Frau borgte, die sie aus Rache für irgendetwas behielt.

Nun, dachte ich damals und heute morgen wieder, ist nicht schlimm, kaufst du sie einfach noch einmal.

Als neue Exemplare leider nicht mehr, denn die meisten sind in neuer Rechtschreibung erschienen.

In welche Fassung der neuen Rechtschreibung, kann ich nicht sagen, dazu war die Leseprobe zu kurz.

Im Grunde ist mir das auch ziemlich egal, denn in allen schreibt man "Schlussstrich" und ähnliche Worte, die weder eine Erleichterung beim Schreiben noch beim Lesen bringen.

Mein Kopfschütteln über diese "deutsche intellektuelle Meisterleitung" ist mit den Jahren nicht schwächer, sondern stärker geworden.

 

[13:30]

Ich fahre in die Stadt, um zu sehen, ob ich wenigstens "Wendekreis des Krebes" noch nicht in neuer Rechtschreibung erschienen kann, damit ich es einmal kaufen kann.

Wenn ich an Millers Bücher denke, erinnere ich nur eine Stelle, wo jemand eine Frau, die auf einem Holzstapel lag, so stark fickte, daß sie es nicht merkte, als sie sich während der Hin- und Herbewegung unbeabsichtigt einen Splitter einstieß.

 

[14:00]

In der Humbold-Buchhandlung haben sie nur "Nexus" und "Opus Pistorum".

Ich gehe um die Ecke in die Bibliothek und lese in "Wendekreis des Krebes", dem Buch mit dem Henry Miller berühmt geworden ist. So toll finde ich nicht. Ist also nicht schlimm, daß ich es nicht kaufen kann.

Ich lese in "Nexus". Finde ich auch nicht interessanter.

Tja, aber für morgen wollte ich schon ein Buch haben, das ich nicht zu Hause habe, um mal wieder etwas anderes zu lesen.

So gern ich Gaddis und Pynchon lese, morgen, zum Herrentag solls mal etwas weniger anspruchsvolles sein. Das meine ich nicht abwertend, sondern stelle nur den Unterschied heraus.

 

[14:40]

Wieder im Buchladen schlage ich "Opus Pistorum" (Rowohlt Taschenbuch) zufällig auf Seite 201 aufschlage, lese ich:

... ich stecke einen Finger in die Spalte und schiebe ihn zwischen die Schamlippen ... und als ich zu Charlotte aufblicke, um zu sehen, wie sie es nimmt, blinzelt mir das kleine Bist zu ...

Ob ich sie nett finde? Ich möchte einmal einem Weib begegnen, das mir diese Frage nicht stellt, während ich sie befummle [...].

und denke, das verspricht doch gute Unterhaltung, und gehe mit dem Buch zu Kasse.

 

[14:45]

Eine unbekannte Stimme begrüßt mich sehr freundlich, während ich mich kurz zu einem Büchertisch umgedreht habe. Die junge Frau hinter dem Kassentresen kenne ich tatsächlich noch nicht, sehe ich, während sie nach vorn kommt und das Buch nimmt, um es zu scannen.

8 Euro 90, sagt sie hörbar verkühlt. Vielleicht mag sie mein Gesicht, in das sie jetzt sieht, nicht, denke ich und verlasse, ohne einen angenehmen Feiertag zu wünschen, was ich gern getan hätte, nachdem ich die junge Verkäuferin nett fand, die Buchhandlung.

 

[15:15]

Ich bin nach Hause gelaufen.

War auf dem Rückweg noch am Neuen Markt, wo originale Säulen und Fasaden-Skulpturen des Stadtschlosses ausgestellt sind. Habe ich in der Größe und in dem Umfang noch nicht gehen. War von der Schönheit beeindruckt und habe für den Wiederaufbau des Stadtschlosses gespendet.

 

[15:30]

Liege im Bett und lese an der Stelle in "Opus Pistorum" weiter, die mich im Buchladen zum Kauf animiert hatte.

Zwei Männer treiben es mit einer Zwergenfrau, weil sie geil sind und unbegingt wissen wollen, wie ihre Möse aussieht und ob ihre Schwänze in die kleine Frau passen.

Nicht nur das: auch von ihrem Hund ("Polizeihund ... so groß wie ein Haus") wird die Frau gefickt.

So defetig hatte ich mir die Lektüre nicht vorgestellt. Und erotisch fand ich sie nicht unbedingt. Eher das Gegenteil.

Jetzt stellt sich der Anlaß der Buchhändlerin, verkühlt zu werden, anders da: vermutlich war ihr das von mir gekaufte Buch unangenehm.

 

[19:00]

Nach einem kleinen Nachmittagsschlaf lese ich die ersten Seiten von "Opus Pistorum". Im zweiten Absatz heißt es:

[...] die süße, nackte Dreizehnjährige auf meinem Schoß, ihr Vater, der hinter einem Paravant in der Ecke gerade die Hose herunterläßt, und die pralle junge Hure auf der Couch [...]

Das habe ich schon einmal gelesen, wird mit klar.

Mehr noch: den Anfang von "Opus Pistorum" las ich seinerzeit der jungen Frau vor, die noch immer meine meisten Miller-Bücher hat.

Damals machte sie gerade ihr Abitur und hatte mich gefragt, ob ich denn auch Bücher von Henry Miller hatte, der wohl sehr scharfe Sachen schriebe.

Ja, sagte ich, ging in meine Balkonzimmer, das auch meine Bibliothek war, und griff einen Stabel Bücher des Autor. Aus "Opus Pistorum" las ich den Anfang vor, weil ich den passend fand: Sie war ein junges blondes Ding, aber schon mit einige Erfahrung, wie ich ihren Schilderungen entnahm, und ich dachte, wenn sie nach scharfen Sachen fragt, dann soll sie auch welchen hören.

 

[19:30]

"Opus Pistorum" wurde nach dem Tod Henry Miller gedruckt und ist kein normales Herny-Miller-Buch, lese ich eben: es sind ausschließlich Erotica.

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Donnerstag, 25. Mai 2006 - Christi Himmelfahrt - Herrentag - Vatertag

[25.05.06, do, 7:40]

Was macht jemand zum Herrentag, der nicht mehr trinkt und kein Auto hat, um zu verreisen?

Jemand kann alles mögliche machen. Ich habe meine Homepage gewartet und schreibe etwas in meinem Tagebuch.

Zum Glück kann ich wieder schreiben, weil ich nicht mehr ausschließlich ein "Arbeiter" bin.

Auch habe ich allmählich wieder Freude daran, englische Texte zu lesen. Als "Arbeiter" hatte ich alles, was ich in den letzten Wochen gelernt hatte, wieder vergessen. So sehr, als wäre es nie in meinem Hirn gewesen. Damit habe ich meine neuen Errungenschaften geschützt: was nicht vorhanden ist, kann mir niemand nehmen.

Nun hätte man mir auf dem Arbeitsamt dieses Wissen gar nicht nehmen wollen. Aber die Willkür auf dem Arbeitsamt erinnerte mich sehr stark an den täglichen Umgang, den mir mein Stiefvater zukommen ließ als ich ein Jugendlicher war. Sicherlich nicht ausschließlich, aber hauptsächlich.

 

[8:15]

Habe einiges auf meinen Fraktur-Seiten geschrieben bzw. korrigiert.

 

[8:30]

Auch wenn ich Henry Miller Bücher nicht besonders gern lesen, genieße ich jedoch, was er über sich und sein Schreiben geschrieben hat.

In "Mein Leben und meine Welt" schreibt er auf Seite 50 (Rowohlt Taschenbuch):

Lektoren sind mir ein Greuel. Ich habe niemals zugelassen, daß irgendein Lektor etwas an meiner Arbeit veränderte. (Die meisten Lektoren sind verhinderte Schriftsteller.) Ich stimme mit ihren Ansichten nicht überein, und ich will sie nicht hören. Ich will nicht anderes als das, was ich geschrieben habe, ob es jetzt gut oder schlecht ist. Wie ich höre, kommt es heutzutage zum Beispiel vor, daß ich Arbeit eines jungen Schriftstellers einem Lektor zwar gefällt, er aber darauf besteht, daß Änderungen vorgenommen werden. Also geht das Manskript an einen Bearbeiter, der es umschreibt. Wenn das Buch erscheint, wessen Buch ist es dann?

Dem kann ich nur zustimmen. Obwohl es schon lange her ist, kann ich mich gut an den Eingriff eines Lektors in eine meiner kleinen Geschichten ("Die Schuhe") erinnern: Vermutlich für sein Ego wollte er seine Verbesserung durchsetzen, und das, obwohl Bücher mit seinen Geschichten gedruckt wurden, er also kein verhinderter Schriftsteller war.

Außerdem regen mich Übersetzer auf, die meist auch glauben, besser als der Autor schreiben zu können. Dabei geht es auch hier nicht um besser oder schlechter, sondern um das, was der Autor geschrieben hat, so genau wie möglich in eine andere Sprache zu übertragen.

 

[10:20]

Habe an meinem in Fraktur geschriebenen Tagebuch vom April 2006 geschrieben und selbstverständlich auch wieder einige Anmerkungen eingefügt: Tagebuch vom 1. bis 6. April 2006 mit Anmerkungen von heute.

 

[13:00]

Während meine kleinen Mittagsschlafes habe ich wieder gelacht.

Heute allerdings nicht, um mich aufzuheitern, sondern weil ich heute vormittag so viel Spaß hatte.

 

[15:00]

Trotzdem bin ich jetzt sehr geschafft: ich wundere mich immer wieder - da sitze ich nun gemütlich am Schreibtisch und bewege mich kaum, trotzdem schwinden meine Kräfte.

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Samstag, 27. Mai 2006, 8:00

[27.05.06, sa, 8:00]

Habe mein HTML-Tagebuc gekürtzt, bereinigt und stelle nur noch ein kleines Fraktur-PDF-Tagebuch zur Verfügung. Damit kann ich brisante Themen ungestört bearbeiten.

 

[15:00]

So schnell ändert sich die Lage: Gestern abend sehe ich mich noch in Depressionen versinken, sollten Schreiben und Lesen meine einzige Lebensinhalte sein, wünsche sie mir als Kontrast zu einer bodenständigen Tätigkeit. Jetzt, nicht einmal 24 Stunden später erinnere ich, wie erschöpft, zu nichts außer zum Schlafen zu gebrauchen, ich von von der Arbeit gekommen bin. Nicht einmal am Wocenende hatte ich Muse zum Schreiben oder Lesen, wollte nur Schlafen, um genug Energie für die nächste Arbeitswoche zu sammeln.

Auc rücken wieder die Berichte meines Busfahrer-Freundes oder meine Erlebnisse, wenn ich ihn auf Linien- oder Reise-Fahrten begleitete, in mein Bewußtsein. Oder ich sehe Reisebus-Fahrer vor mir, wie sie während der Fahrt ihre müden Augen reiben, dabei ist es gerade früher Nachmittag.

 

[19:30]

Wer sagt, daß ich bis zum Umfallen arbeiten muß? Niemand. Wer sagt, daß mein Leben nur aus Arbeit bestehen muß, wenn ich arbeite? Niemand. Auf eine gesunde Mischung aus Arbeit und Leben kommt es an. Denn ohne Arbeit gibt es kein Geld zum Leben, schon gar nicht für dieses angenehme Dinge. Irgendwoher muß das Geld für mein Auto und für meine Reisen und andere Vergnügungen kommen. Außerdem ist es nicht verkehrt, noch einige Punkte auf mein Rentenkonto zu bringen.

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Dienstag, 30. Mai 2006

[30.05.06, di, 16:30]

Eben wachte ich auf und dachte: Lösche alles, was du über den Busschein geschrieben hast, auch den Ärger, den du deshalb mit deinen Eltern gehabt hast.

Als ich die Texte gelesen hatte, löschte ich sie jedoch nicht nur nicht, sondern fügte auch wieder ein, was ich über den Tag geschrieben hatte, an dem ich vor mir sah, meinen Stiefvater zu töten und es fast getan hätte.

Ansonsten wäre meine Homepage wie ein Film, bei dem man vor dem Ende ausschaltet.

 

[17:20]

Dann möchte ich auch folgendes erzählen: gestern war ich wieder in der Humboldt-Buchhandlung, kaufe Joseph Conrads "Herz der Finternis" (dtv) und wurde wieder von der jungen Frau abkassiert, bei der ich "Opus Pistorum" bezahlte. Aus ihrer Reaktion entnehme ich, meine neue Lektüre ist ihr angenehmer, oder sie hat sich an mein Gesicht gewöhnt.

 

[17:45]

Das "Herz der Finsternis" schrieb Joseph Conrad in Englisch. SechsÜbersetzungen ins Deutsche habe ich bereits angelesen: jeder weicht deutlich von der anderen ab.

Conrad beginnt:

The Nellie, a cruising yawl, [...]

Aus "a cruising yawl" wird einmal "eine Yacht", einmal "eine seetüchtige Segeljacht", einmal "eine Hochseejacht", einmal "ein Jollenkreuzer".

In meiner Vorstellung unterscheiden sich die vier Wasserfahrzeuge in Art und Größe.

Gebe ich "cruising yawl" in eine Suchmaschine ein, gelange ich zu Bildern von eher kleinen Seegelschiffen, nicht länger als 10 Meter, so wie auch die verschiedenen Jollenkreuzer beschrieben werden.

Sicherlich wußte ich, bevor ich nachschlagen habe, nicht, was ein Jollenkreuzer ist, aber eine Hochseejacht stelle ich mir auch länger als 10 Meter vor.

Vergessen beim Übersetzen darf man auf keinen Fall, wann "Heat of Darkness" spiet bzw. geschrieben wurde: Ende des 19. Jahrhunders (erschienen 1899).

Wo ist das Problem, "cruising yawl" durch "Jollenyacht" zu übersetzen und anzumerken, um welchen Schiffstyp es sich handelt, wenn im Buch Platz für Einleitungen oder Nachworte von meist Neunmalklugen ist.

 

[18:15]

Gestern nachmittag war ich wieder Kind und bestaunte einen großen Reisebus, der fuhr auf einen engen Parkplatz, auf dem er zudem nicht wenden kann.

Ich stand vor der Einfahrt und beobachtete genau, wie der Busfahrer das große Schiff in den Hafen bringt.

Dann stellte ich mir vor, ich müßte es wieder zurück auf die Straße bringen.

 

Mein Erlebnis war komplexer, allerdings habe ich jetzt nicht die Nerven, es ausführlich, Bild für Bild zu beschreiben, um meine Faszination zu verdeutlichen.

 

[18:30]

Nach meinem Buserlebnis war ich in der Stadt, kaufte "Herz der Finsternis". Zurück nach Hause fuhr ich mit einem Linienbus.

Nicht so komfortabel wie ein Reisebus, aber auch kein Vergleich mehr zu den Bussen, mit denen ich die letzten DDR-Jahre gefahren wurde.

Ich hoffe, ich kann demnächst meinen Busschein machen, denn ich kann mich mir als Linien- und Reisebusfahrer sehr gut vorstellen.

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Mittwoch, 31. Mai 2006

[31.05.06, mi, 12:00]

Heute morgen dachte ich: Warum nicht Busfahrer in Norwegen sein?

Das hat meinem Hirn wieder eine angenehme Aufgabe geben.

Es kam zum Ergebnis: In Deutschland zu arbeiten, in Norwegen Urlaub zu machen, ist besser, als ich Norwegen zu arbeiten und Urlaub zu machen.

Zumal ich keine Lust verspüre, Norwegisch zu lernen. Außerdem wird ein Land anders, wenn es vom Urlaubsland zum Lebensland wird.

Ist wie mit einer Frau: Trifft man sie nur hin und wieder, bleiben einem die schwierigen, negativen Erlebnisse erspart.

Rege ich mich in Deutschland über die Rechtschreibreform auf, gibt es ähnliche Ärgernisse auch in Norwegen. Lesen Sie die Zusammenfassung eines Spiegel-Berichtes von 1997 und freuen Sie sich, was uns noch bevorsteht: Rechtschreibreform - Erfahrungen aus Norwegen.

Außerdem fand ich es immer sehr angenehm, im Urlaub nicht in meiner Muttersprache zu sprechen bzw. fast gar nicht zu sprechen. Norwegen ist für mich also eine Zeit ohne Sprache, ein Land des Sehen, Hörens, Fühlens. Das sollte ich nicht ändern, ansonsten mache ich als Norweger dann vielleicht Urlaub in Island.

[Anmerkung am 27. Oktober 2012, sa, 5:50: Inzwischen lebe ich über drei Jahre in Norwegen. Daß in Deutschland zu arbeiten und in Norge Urlaub zu machen, besser ist, als in Norge zu leben, denke ich heute nicht mehr. Eigentlich will ich gar nicht mehr in Deutschland leben, nun hin und wieder dort Urlaub machen, um Dinge zu sehen, die es in Norwegen nicht gibt. Allerdings nicht im Sommer, denn die deutschen Sommer sind mir zu warm.]

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