Home | Tagebuch


Tagebuch - Januar 2005

01, 02, 03, 04, 05, 06, 07, 08, 09, 10, 11, 12, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 30, 31


Samstag, 1. Januar 2005

[01.01.05, sa, 0:01]

Herzlich willkommen 2005!

 

[0:10]

Ohne Alkohol im Blut läßt es sich weniger fröhlich aufbleiben.

Ich werde mich hinlegen.

 

[1:10]

Allmählich hören die Knallereien in der Nähe meines Hauses auf. Ich schlafe ein.

 

[2:15]

Jetzt muß es noch mal richtig geknallt haben, denn ich bin aufgewacht.

Oder denke ich, ich muß zur Zeitungstour? Muß ich heute nicht.

 

[8:45]

Mann, hab ich lange geschlafen!

Und wild geträumt. So wild und so komplex, daß ich bezweifle, den Traum vollständig erinnern zu können.

Im Kern aber darum, daß ich versuchte, einem Komplex von vielen großen Werkhallen zu entkommen, indem ich Metallträger von einer Halle zur nächsten beförderte, insgeheim aber nur den Ausgang auf dem Labyrinth suchte. Und zum Schluß auch fand. Nach langem Hin und Her stand ich am Werkausgang, roch frische Luft und blickte in die Sonne.

 

[9:00]

Draußen sind es 5 Grad. Ich wiege 112 Kilo.

Damit bin ich 10 Kilo schwerer als am 1. Januar 2004: damals wog ich 102 Kilo.

Da soll mal noch jemand sagen: Durch Laufen nimmt man ab ;-)).

[nach oben]


Sonntag, 2. Januar 2005

[02.01.05, so, 22:00]

Nicht nur der heutige Tag, auch das erste Wochenende des neuen Jahres war so sinnlos.

Ich habe es zu Hause verbrachte, habe mich gelangweilt, habe mich nutzlos gefühlt.

Und immerzu dachte ich an:

Nichtigkeiten der Nichtigkeiten! - spricht der Prediger; Nichtigkeit der Nichtigkeiten, alles ist Nichtigkeit!
Welchen Gewinn hat der Mensch von all seinen Mühen, mit dem er sich abmüht unter der Sonne?
Eine Generation kommt, und eine Generation geht; aber die Erde besteht in Ewigkeit.
(Elberfelder Bibel-Übersetzung, Prediger 1,2-4)


Montag, 3. Januar 2005

[03.01.05, mo, 12:09]

Habe mir eben einen Zahnarzttermin geholt: für morgen 7 Uhr 15.

Als heute morgen der eine Zahn, der einmal ein Haltepunkt einer Zahnbrücke war (siehe Tagebuch vom 02.10.03, 11:05) und unter dieser gefault ist, so weh wie noch nie getan hat, habe ich das als Zeichen verstanden, endlich wieder zum Zahnarzt zu gehen.

Ich vermute, diese Zahn wird gezogen werden.

Da geht mein 2005 ja knackig los.

 

[13:50]

Ich wollte am Nachmittag zu meinem ersten Lauf im Jahr 2005 starten, aber nicht nur, daß sie Sonne nicht scheint, es regnet auch noch.

 

[14:15]

Habe eben mit meiner Mutter telefoniert. (Auch in Berlin regnet es.)

Der Gedanken, Peggy nicht mehr zu sehen, hat mich sehr beschäftigt. Deshalb habe ich angerufen und mich nach Peggys Wohlbefinden erkundigt und meine Mutter gebeten, sie von mir zu grüßen und zu drücken.

Meine Mutter sagte, Peggy geht es gut, sie wird immer frecher und selbstbewußter, sie ist der Chef; außerdem quickt nur noch selten.

 

[18:05]

Aus meinem Nachmittagsschlaf wachte ich auf, ohne zu wissen oder zu fühlen, wie spät es ist, welcher Tag es ist, wo ich bin.

Das war ein sehr schönes Gefühl.

 

[18:15]

Inzwischen weiß ich wieder ganz genau, wo ich bin, welcher Tag ist, daß ich morgen zum Zahnarzt gehen werde und man mir sehr wahrscheinlich einen Zahn ziehen wird, und vor allen Dingen weiß und fühle ich ganz genau, wer ich bin:

Dunst der Dünste, spricht Versammler, Dunst der Dünste, alles ist Dunst.
Welchen Vorteil hat der Mensch von all seiner Mühe,
damit er sich abmüht unter der Sonne?
Ein Geschlecht geht, ein Geschlecht kommt,
und die Erde steht in Weltzeit.
(Buber & Rosenzweig "Die Schrift", Versammler 1,2-4)

[nach oben]


Dienstag, 4. Januar 2005

[04.01.05, di, 8:10]

Ich war beim Zahnarzt.

Der Zahn wurde nicht gezogen. Termin ist am Freitag.

Vielleicht bleibt er auch drin.

 

[13:30]

Bin eben aufgewacht, weil ich heute kurz nach 9 Uhr einschlief.

Am Donnerstag werde ich um diese Zeit im Vorlesungssaal sitzen. Und hoffentlich nicht einschlafen.

 

[13:50]

Obwohl das Wetter wieder nicht besonders ist, werde ich gleich laufen.

 

[17:30]

Bin vom Lauf 356 zurück.

 

[18:00]

Gestern habe ich einen lieben Neujahrsgruß bekommen. Danke Joachim für die Wünsche und die Anregung!

Überlaß dich nicht der Sorge, schade dir nicht selbst durch dein Grübeln! Herzensfreude ist Leben für den Menschen, Frohsinn verlängert ihm die Tage. Überrede dich selbst, und beschwichtige dein Herz, halte Verdruß von dir fern! Denn viele tötet die Sorge, und Verdruß hat keinen Wert. Neid und Ärger verkürzen das Leben, Kummer macht vorzeitig alt.
(Einheitsübersetzung, Jesus Sirach 30, 21-24)

 

Der Außenstehende hat vielleicht den Eindruck, ich sei ein Grübler.

Grübeln ist jedoch nicht mein Problem, sondern meine Gedanken, die ich mir wegen andere Menschen und Dinge mache, die mich eigentlich nicht zu beschäftigen brauchen, und meine seelische, sich meist widersprechende Vielschichtigkeit, die es noch nicht einmal zuläßt, alle meine intellektuellen Bedürfnisse zu stillen, geschweige denn meine Bedürfnisse insgesamt.

 

Widersprechende Vielschichtigkeit:

 

[21:25]

Habe wieder einmal meine Umfänge gemessen. Erschreckend, wie ich zugelegt habe, wie rund, wie fett ich geworden bin: Umfang.

[nach oben]


Mittwoch, 5. Januar 2005

[05.01.05, mi, 11:00]

Habe heute den Wecker auf acht Uhr gestellt, weil ich morgen um diese Zeit aufstehen werde, um pünktlich zur Vorlesung 9 Uhr 15 zu kommen.

Nachdem ich begriffen hatte, daß mein heutiges Wecken nur Übung war, schlief ich wieder ein, wachte erst um elf wieder auf.

 

[12:15]

Habe eben noch einmal meine Umfänge gemessen und gestaunt, um wieviel sie geringer sind, wenn ich nur zweimal nicht "normal", sondern normal esse.

 

[12:35]

Ich starte zum Lauf.

 

[14:50]

Ich bin zurück vom Lauf 357.

 

[15:30]

Angeregt durch ein Bibelzitat, das mir Joachim schickte (siehe Tagebuch vom 4. Januar 2005, 18 Uhr), rief ich meinen Vater an.

Ich sagte: Seit Weihnachten denke ich an meinen Bruder und überlege, wie ich ihm helfen könnte, aber ich habe einfach nicht die Zeit und die Nerven, um richtig um ihn zu kümmern.

Mein Vater sagte: Vergiß deinen Bruder einfach, wir kümmern uns um ihn.

 

[18:00]

Ich habe befreit geschlafen, wenn auch nicht vollkommen entspannt: morgen fahre ich wieder zur Uni.

 

[18:10]

Mein Bruder hat gemailt und etwas zu DSL-Tarifen gefragt.

Selbstverständlich habe ich geantwortet.

Ich bin ja nicht böse auf ihn. Er hat mir nichts getan. Ich finde nur sein Verhalten sich und anderen gegenüber nur sehr verletzend.

[nach oben]


Donnerstag, 6. Januar 2005

[06.01.05, do, 3:05]

Obwohl ich lange brauchte, um einzuschlafen, wachte ich gut auf.

Mein Blutdruck war kurz nach dem Gewecktwerden 144/93 bei Puls 70. Viel höher wird mein Blutdruck während eines Laufes wohl auch nicht sein, oder?

 

[5:30]

Habe noch bißchen nach Mails gesehen und so - werde mich jetzt hinlegen, damit ich pünktlich zur Vorlesung 9 Uhr 15 aufstehen kann.

 

[5:50]

Mein Ruheblutdruck ist 135/87 bei Puls 59. Für einen Mensch mit mindestens 25 Kilo Übergewicht sind das doch gute Ruhewerte, oder?

 

[6:30]

Konnte noch nicht einschlafen.

Ich esse zur Zeit "wenig" bzw. normal, so fehlt mir mein Schlafmittel.

 

[6:45]

Ich muß etwas essen. Ich bin nervös geworden. Deshalb produziert mein Magen Säure, die er nicht zum Verdauen braucht.

 

[6:55]

Meine Magenschmerzen sind verschwunden. Jetzt tut mir die Bauchspeichesdrüse weh.

 

[7:00]

Ich lasse mich nicht mehr 7 Uhr 50, sondern 8 Uhr 15 wecken.

Das sollte reichen, damit ich pünktlich zur Vorlesung kommen, brauche ich mich doch nur zu waschen und anzuziehen, alles andere ist getan.

 

[7:50]

Ich war eingeschlafen und wache kurz auf, obwohl der Wecker nicht gepiept hat.

Ist wohl bei mir noch nicht angekommen, daß ich erst 8 Uhr 15 aufzustehen brauche.

 

[9:45]

Oh, ich habe verschlafen!

Ehe ich an der Uni bin, ist die Vorlesung zu Ende. Zur Übung brauche ich auch nicht, denn heute wurde ein neues Thema angefangen. Falls das alte noch behandelt wird - da habe ich noch keinen Durchblick, die Übung würde mir wieder nichts bringen.

 

[9:50]

Ich lese mir die Vorlesungsmaterialien zum heutigen Thema durch.

 

[10:15]

Es geht nicht mehr!

Ich bin, warum auch immer so wütend - so wütend wie schon lange nicht mehr -, daß ich fast die Materialien zerrissen hätte.

Ich erspare meinen Lesern und mir die Wiedegabe der übelsten Beschimpfungen und wütenden Schreie, die ich mir von mir selbst anhören mußte.

 

[17:00]

Inzwischen habe ich mich einigermaßen entspannt - ohne zu meiner Lieblingsdroge Fressen zu greifen.

Und das auch noch, obwohl ich Mittag und Abendbrot gegessen habe. Ich konnte also der Versuchung widerstehen, obwohl ich am Trog stand.

Klargeworden ist mir aber: Die Probleme, die ich mit der Uni und speziell mit Statistik habe, sind um vieles größer als angenommen.

 

[18:05]

Heute werde ich mich mit ihnen aber nicht mehr beschäftigen.

Ich will und muß zuerst meinen Abspecken fortsetzen. Seit zwei Tagen habe ich abgespeckt, ohne zu hungern - diesen guten Neustart, endlich meine über 25 Kilo Übergewicht abzubauen, will und darf ich mir nicht verderben, weil ich nicht jeden Tag einfach mal so einen weiteren Versuch starten kann.

[nach oben]


Freitag, 7. Januar 2005

Mein heutiges Tagebuch habe ich wieder in Fraktur geschrieben.

Lesen Sie mein Fraktur-Tagebuch vom 7. Januar 2005.

Unter anderem mit einer Antwort auf die Frage, warum Schreibmaschine und Fraktur nicht zusammengehen.

[nach oben]


Samstag, 8. Januar 2005

[08.01.05, sa, 13:50]

Bin von Lauf 358 zurück.

 

[13:58]

AC/DC LIVE

 

[14:15]

Habe mir seit langer Zeit (siehe Tagebuch vom 17. Februar 2003) wieder einmal CDs gekauft (Makro-Markt, ehemals ProMarkt, Bahnhof Potsdam Stadt):

  1. AC/DC LIVE, 1992, 16,99 Euro;
  2. Peter Gabriel "Secret World Live" (2 CDs), 1993, 19,99 Euro.

Diese Künstler begeisterten mich in jüngster Zeit am meisten.

 

[15:15]

Lesen Sie auch mein Fraktur-Tagebuch vom 8. Januar 2005.

[nach oben]


Sonntag, 9. Januar 2005

[09.01.05, so, 1:15]

Mein Ruheblutdruck beträgt 128/91 bei Puls 60.

 

[14:00]

Draußen sind es 8 Grad, die Sonne scheint nicht, es ist windig.

Ich wiege 110 Kilo, damit 3 Kilo weniger als mein diesjähriger und absoluter Spitzenwert.

 

[19:48]

Ich hatte ein sehr schönes Wochenende, an dem ich viel Musik gehört und viel geschrieben, wunderbar geschlafen und fantasiereich und befriedigend geträumt habe.

Den Ärger, den ich hatte, war "neuer alter" Ärger, also etwas, über das ich mich schon seit Jahrzehnten immer wieder neu aufrege.

[nach oben]


Montag, 10. Januar 2005

[10.01.05, mo, 13:00]

Meine Domain andreasthieme.de zieht auf einen anderen Sever.

Wenn Sie diese Zeile lesen, ist der Umzug bereits vollzogen, weil diese Seite nur auf dem neuen Server liegt.

 

[14:00]

Der gestrige "neue alte" Ärger war: mein Vater hat wieder eine seiner Bemerkungen gemacht. Dieses Mal meinte er, ich sollte nicht wieder Ausreden gebrauchen, um nicht zur Uni zu gehen.

Diese nicht zutreffende Bemerkung ärgert mich noch immer sehr.

Eigentlich sollte ich meinem Vater sagen, er soll nicht über Dinge, von denen er keine Ahnung hat, reden, aber das würde wohl nichts ändern.

Wichtiger scheint die Frage zu sein, warum mich diese Bemerkung so sehr ärgert, immerhin sagt mein Vater vergleichbares schon seit Jahrzehnten.

 

[14:41]

Gestern vormittag dachte ich: Wenn ich mich mit Statistik so sehr beschäftigen würde wie mit der Bibel, würde ich die Statistikklausur problemslos bestehen.

Das Problem: Statistik interessiert mich herzlich wenig, und mich mit solchen Stoffe zu beschäftigen, fällt mit immer schon sehr schwer.

So schwer, daß es mir noch nie gelungen ist, in diesen Fächern mehr als befriedigende Noten zu erreichen.

 

[15:50]

Auch ist es nur zum Teil meine Leistung, die Klausur in Statistik 1 bestanden zu haben: die Anforderungen waren geringer.

Fehlten mir in früheren Klausuren oftmals wenige Punkte zum Bestehen - teilweise 1 Punkt von 100 möglichen -, reichte die gleiche Leistung in der jetzigen Prüfung.

Damit kritisiere ich nicht das Verringern der Anforderungen in der Klausur als unbereichtigt - immerhin haben 6 Teilnehmer die Klausur nicht bestanden und sind einige wegen ihres vermuteten Nichtbestehens nicht angetreten -, sondern die unverschämte Höhe in früheren Klausuren. Denn Psychologiestudenten sind keine und wollen keine Mathematiker werden.

 

[17:45]

Habe meinen Eltern mitgeteilt: Ich studiere auch nächstes Semester, das jetzige Semester ist für mich aber zu Ende.

Außerdem sagte ich: Das ist keine Ausrede, ich brauche keine Ausreden, um nicht zur Uni zu gehen.

Ich sage auch, die Bemerkung meines Vaters hat mich sehr geärgert, weil er damit auch sagte, wenn auch nicht ausdrücklich, ich sei ein Weichei.

 

[19:30]

Nach einem kleinen Schläfchen ware ich mit einem sehr eigenartigem Gefühl auf: ich bin allein.

Meine Seelenteile die Kleinen haben sich so maßlos über die Bemerkung meines Vaters, ich würde ausreden benutzen, um nicht zur Uni zu gehen, geärgert. Denn sie waren es, die es es in den letzten Wochen immer wieder probierten, Anschluß zu finden.

Obwohl meine Seelenteile die Erwachsenen im Grunde schon am Anfang des Semestern "wußten", ich würde nicht erfolgreich sein, denn ich hatte alles aus Statistik 1 vergessen.

Schon wieder einmal was alles statistische Wissen ausgelöst.

Das sehe ich als Beleg, in Statistik 1 wieder falsch gelernt zu haben.

Vermutlich habe ich auch schon damals die Kleinen die Arbeit erledigen lassen, weil sich die Erwachsenen einen Scheißdreck für Statistik interessieren.

Und genau das ist das Problem!

Es versteht sich hinter dem Satz: Wenn ich mich so mit Statistik beschäftigen würde wie mit der Bibel, würde ich die Statistikklausur problemlos bestehen.

Ich als Erwachsener beschäftige mich mit der Bibel, weil sie mich interessiert. Ich als Erwachsener beschäftige mich nicht mit Statistik, weil sie mich nicht interessiert.

Wenn es mir nicht gelingt, mich als Erwachsener mit Psychologie, insbesondere mit dem Stoff, den ich für Klausuren und Prüfungen brauche, zu beschäftigen, werde ich ohne Leistungsverlust mein Psychologiestudium beenden können.

 

[22:00]

andreasthieme.de weist auf den Webspace des neuen Servers.

Der Umzug meiner Homepage hat rund 8 Stunden gedauert.

[nach oben]


Dienstag, 11. Januar 2005

[11.01.05, di, 4:00]

Das Mail-Postfach ist umgezogen.

Jetzt ist der Umzug komplett abgeschlossen.

 

[6:55]

Meine Ruheblutdruck beträgt: 131/77 bei Puls 63.

 

[11:50]

Noch bin ich nicht überzeugt, mein neues Leben als Erwachsener führen zu können.

Der jetzige Erwachsene ist zwar sehr klug, aber auch sehr hart. Ich will nicht erfolgreich sein für den Preis der Gefühlskälte.

 

[12:13]

Gefühlskälte ist wohl das falsche Wort: Wie nennt man es, wenn man jemand, der eine dumme Bemerkung gemacht oder unprofessionell gearbeitet hat, sagt, er hat eine dumme Bemerkung gemacht oder unprofessionell gearbeitet, obwohl man deswegen Ärger gekommen kann? Dumm? Unprofessionell?

 

[12:20]

Wenn ich meinem Vater sage, er hat eine dumme Bemerkung gemacht, wenn er eine dummer Bemerkung gemacht hat, ist das so schlimm nicht.

Wenn ich einem Dozenten sage, er hat unprofessionell gearbeit, wenn er unprofessionell gearbeitet hat, kann ich sein, er wird Druck auf mich ausüben. Indem ich immer wieder bestimmte Arbeiten machen muß, indem er bei mir Wissenslücken sucht und notenrelevant anspricht, die er bei anderen übersieht.

Leider ist meine emotionale Härte deutlich geringer als meine intellektuelle.

Vielleicht aber auch nur, weil meine Wissenslücken zu groß sind?

Wenn ich meine (meist unausgesprochenen, aber wohl in meinem Gesicht sichtbaren) Bedenken im Exprak 2 fundierter hätte äußern können, hätte der Dozent meine Klausur gar nicht zur Nacharbeit zurückgeben können.

Ach, Scheiße, das ist ja wie in der Unterstufe! - Gefällt einen nicht von der Lehrer von sich gibt, ist man dran und wird fertig gemacht.

Ich weiß nicht, ob ich auf diese Scheiße noch mal Lust habe.

Und dann noch in einer sehr unterlegenen Ausgangspostion: Dozent und Student ist nicht viel anders als Meister und Lehrling.

Ich hasse diese ganze Machtscheiße!

 

[12:30]

Hauptsächlich, weil ich mich gegen sie nicht erfolgreich wehren kann, sondern mich meist zurückziehe und damit immer wieder von meinem eigentlichen Ziel abkomme.

Eigentlich wollte ich schon seit Jahren als Psychotherapeut arbeiten von Montag bis Donnerstag und das lange Wochenende mit meinem Gelängewagen nach Norwegen fahren oder andere Abenteuer unternehmen.

Das konnte ich mir immer sehr gut vorstellen: Einige Tage schwer arbeiten und Geld verdienen, dann alles vergessen und nur mein Leben leben.

Jetzt leben ich zwar mein Leben, allerdings gibt es in ihm nicht nur kein Gelängewagen, sondern gar kein Auto, und Abenteuer außerhalb Potsdams finden sehr, sehr selten statt.

 

[12:40]

Ich sollte mit Statistik und anderen Fächern so umgehen wie bei meiner Beschäftigung mit der Bibel: Obwohl einiges an der Bibel sehr kritisch sehen, äußere ich es nicht, sondern denke mir meinen Teil, nehme das Gute, verschweige das Schlechte.

Und entwickle irgendwann eine Religion, ohne die Schwächen der Bibel.

So sollte ich auch von Statistik (und anderen Fächern) und dem Treiben an der Universität allgemein das Gute nehmen, das Schlechte verschweigen, bis ich ein Buch über Statistik geschrieben oder eine (kleine) Universität gegründet habe, ohne das, was mich jetzt zur Weißglut bringt.

 

[13:02]

In meiner Kindheit und Jugend scheine ich durch autoritäre Machtausübung traumatisiert worden zu sein, denn immer wenn ich mich in einem Konflikt mit Höhergestellten sehe, macht mir das große Angst, auch wenn ich mich formal gut verteidigen könnte, während ich mich in Konflikte mit Gleichgestellten gelassen verhalte, sie zwar auch nicht mag, mich aber durch sie nicht von meinem Weg abbringen lasse.

Selbstverständlich spürt mein Gegenüber meine Angst, und wenn es ihm darum geht, mich zu verletzten, wird es die Situation ausnutzen.

 

[13:35]

Seit ich mein vorzeitiges Semesterende beschlossen habe, habe ich keine Fantasien mehr, mit einem Landrover Defender in den Urlaub zu fahren.

Diese Fantasien waren zwanghaft und währten teilweise täglich mehrere Stunden, in denen ich mich auf nichts anderen konzentrieren konnte und kaum das Hier und Jetzt wahrnahm.

War ich dann wieder im wirklichen Leben aufgetaucht, erfüllte mich ungeheure Trauchigkeit.

Beides ließ mich meinen Alltag nicht meistern und fühlte sich wie eine stofflose Abhängigkeit an, die mich immer weiter beherrschte und von mir selbst entfernte.

 

[17:05]

Jetzt fühle ich mich zwar auch nicht gut, aber nicht wegen meiner Sucht nach Tagträumen, sondern weil mir die Misere meines Lebens bewußt wird.

Daß ich mich allein fühle, weil sich alle meine Rauscherzeuger zurückgezogen haben, ist die Folge meines seelischen Ausnüchterns.

Schwerwiegender ist das Bewußtsein, mein ganzes Leben mehr gegen die Folgen unerwünschter Geschehnisse gekämpft zu als gelebt zu haben.

[nach oben]


Mittwoch, 12. Januar 2005

[12.01.05, mi, 3:45]

Mein erster Gedanke: Ich könnte doch noch in diesem Semester zur Statistikklausur antreten.

Die seelischen Auseinandersetzungen während der nächsten Stunden gebe ich nicht wieder, weil meine Entscheidung, dieses Semster nicht mehr zur Statistikklausur anzutreten, richtig ist.

Es geht nämlich nicht nur darum, eine Klausur zu bestehen, sondern das abgefragten Wissen verstanden zu haben und im Zusammenhang mit psychologischen Wissen und eigenen Untersuchungen anwenden zu können.

Daß ich mich wegen meiner Entscheidung teilweise unwohl fühle, ist normal, weil ich meist eher den braven Weg, also ordentlich zu jeder Veranstaltung zu gehen und an jeder Klausur teilzunehmen, nicht aber den richtigen wählte.

Der richtige Weg bringt mich zumindest der bestandenen Vordiplomsprüfung näher, sammelt nicht Teilnahmen an Veranstaltungen.

 

[7:30]

Habe in meiner Elberfelder Bibel von 1956 (sogenannte unrevidierte Elberfelder Übersetzung) gelesen und mich festgelesen, so angezogen wurde ich von ihrem Text.

 

[11:50]

Wenn ich auch die nächste Zeit nach der Zeitungstour immer so spät aufstehe, muß ich mir keine Gedanke mehr wegen meiner Teilnahme an der Statistikklausur machen, denn sie findet 9 Uhr 15 statt.

[nach oben]


Sonntag, 16. Januar 2005

[15.01.05, so, 2:30]

So ist das, wenn man wochentags in der Nacht aufsteht: nicht selten wacht man dann auch am Sonntag zur gleichen Zeit auf.

Wobei in den letzten Tagen erst 3 Uhr 45 aufgestanden bin.

Draußen sind es minus 3 Grad. Ich wiege 108 Kilo. Habe also bereits 5 Kilo abgenommen.

 

[6:10]

Mein Ruheblutdruck beträgt 116/77 bei Puls 59.

Er ist wohl nicht nur so niedrig, weil ich zur Zeit seelisch seht entspannt bin, sondern auch, weil mein Körper nicht durch Fresserei übergelastet ist.

 

[11:30]

Mein Blutdruck kurz nach dem Aufwachen beträgt 135/91 bei Puls 77.

 

[11:58]

In den letzten Tage habe ich nichts in mein Tagebuch, aber auf meinen Bibelseiten geschrieben. Ich hatte keine Lust, direkte Einblicke in mein Leben zu gewähren.

Mir geht es gut, mein Körper und meine Seele erholen sich schnell von der Überbelastung durch meine ausgelebte Freßsucht. Außerdem bereite ich meinen erneuten Wiedereinstieg ins Studium vor, indem ich meine Position überprüfe und anderes Verhalten intensiv simuliere.

Gestern hatte ich folgenden Traum:

Ich bin mit einer Gruppe unterwegs. Während des Kletterns rutsche ich ab, hänge über einem Abhang, drohe in die Tiefe zu fallen.

Mehrere aus der Gruppe eilen mir zu Hilfe, strecken mir ihre Hänge entgegen. Ich ergreife sie. Sie ziehen mich über den Abhang und retten mich vor dem Fall in die Tief, vermutlich vor dem Tod.

Heute hatte ich folgenden Traum:

Ich fahre auf einem Kreuzfahrtschiff, mache Urlaub und habe viel Spaß, diese mit vielen anderen Menschen zu genießen.

Dabei habe ich eigentlich eine Abneigung gegen solche Reisen, fahren, wenn ich Gruppen, dann in kleinen.

 

[12:10]

Diese Träume bedeuten aber, so glaube ich, nicht, ich werden ein ausgesprochener Gruppenmenschen, sondern ich vermute ihre Bedeutung wie folgt:

Durch meine andere Positionierung im Studium werde ich vom Außenseiter zum Dazugehörigen. Ich werde geschätzt, bin wichtig und werde im Kreis aufgenommen, weil ich nicht mehr der Unwissende bin, der Nichtsnutz, der ewig nichts im Studium zu Stande bringt.

 

[12:55]

Vorgestern sang ich plötzlich vor mich hin:

Nur ich kann es.

Als ich mich fragte, was das soll, antwortete ich mir: Das ist mein Name. "Nur ich kann es" bedeutet, nur ich kann mich gesund und glücklich machen, nur ich kann absprecken, mich sozialverträglich formen. Andere können nur unterstützen, die Hauptarbeit muß von mir getan werden.

 

[18:42]

Heute habe Linsensuppe gekocht.

Die ist so lecker, daß alles (rund 1,2 Liter Volumen) mit einem Mal aufessen könnte. Damit würde ich allerdings wieder einen Freßrausch auslösen. Vergleichbar mit dem Beginn einer neuen Suchtrunde, die ein Alkoholiker mit dem Trinken des ersten Biers nach langer Enthaltsamkeit auslöst.

Um mich auf einen anderen Geschmackt zu bringen, habe ich eine leckere Möhre gegessen.

Der Geschmack der leckeren Linsensuppe ist weg, aber meine Freßsucht zieht mich noch immer wie in einem Sog zur Linsensuppe.

Ich weiß nicht, ob ich stark genug bin, zu widerstehen.

 

[18:52]

Und, falls ich nicht widerstehen kann, wieviel ich in mich hineinschlingen werde ...

Nein, ich muß mich beherrschen. Mittag habe ich bereits ausreichend gegessen. Nach dem Mittagsschlaf auch noch einmal gekostet, so viel, daß es als Abendbrot gelten kann.

Ich darf heute mich nicht der Versuchung hingeben.

Selbst wenn ich auch heute noch zu einem Lauf aufbrechen muß, weil Laufen, warum auch immer, das beste Mittel gegen meine Freßsucht ist.

Nein, ich will heute nicht mehr laufen. Ih nicht will, denn ich kann und will nicht jeden Tag laufen.

Dann schreibe ich eben den ganzen Abend über meine Scheiß-Freßsucht.

 

[18:55]

Insgeheim amüsiere ich mich ja über mich selbst.

Da sitzt einer am PC und schreibt Belangloses, damit er nicht zum Kühlschrank hastet, um eine Schüssel Linsensuppe ratzebatze leer zu essen.

 

[21:51]

Vor um 9 hab ich noch ein kleines Abendbrot gehabt.

Habe also zwar von der leckeren Linsensuppe gegessen, aber bin in keinen Freßrausch verfallen.

Nun ist die Gefahr für heute überstanden.

Gleich werde ich noch ein kleines Schokoladeneis essen, dann ins Bett gehen.

[nach oben]


Montag, 17. Januar 2005

[17.01.05, mo, 0:20]

Ich liege schon einige Zeit im Bett, bin aber nicht richtig müde und kann nicht einschlafen.

Mein Ruheblutdruck beträgt: 123/86 bei Puls 51.

Ziemlich niedrig für jemand, der eigentlich Medikamente gegen leichten Bluthochdruck nehmen sollte.

 

[0:30]

Plötzlich durchstörmt mich ein starkes und warmes Gefühl und läßt mich denken:

Ach, ist das Leben schön! Ich bin so glücklich!

Auch ohne Uni, Studium oder Abschluß!

 

Außerdem denke ich:

Vielleicht sollte ich mit dem Studieren aufhören. Dann würde ich mich auch nicht mehr über die "lustigen" Bemerkungen meines Vaters ärgern müssen. Wenn er dann sagt, in meinem Leben herrscht stillstand, hat er zwar trotzdem nicht recht, aber ich fühle mich nicht verletzt, weil ich nur mein Leben lebe, nur für mich lebe.

 

Während ich diese Zeilen Stunden später gegen 11 Uhr aufschreibe - denn ich sitze um 0 Uhr 30 nicht am PC, sondern liege im Bett, notiere meine Gedanken auf Papier - denke ich: Wenn die Sache so steht, wenn du nicht 100prozentig für dich studierst, solltest du aufhören.

 

[1:00]

Ich bin noch nicht eingeschlafen, bin noch immer nicht richtig müde. Mein Glückgefühl hat nachgelassen.

Mein Ruheblutdruck beträgt 124/87 bei Puls 56.

 

[12:21]

Ich spreche mit meinem Vater.

Ich sage ihm, daß mich seine lustigen Gedanken sehr ägern, daß ich mich kaum beherrschen kann. Wenn ich ehrlich bin, machen mir deine lustigen Bemerkungen mehr Streß als das Studieren selbst.

Er wurde wütend und sagt: Studiere weiter oder nicht, aber erzähle nicht mehr davon. Ich kann es nicht mehr hören.

Ich frage: Machst du deine lustigen Bemerkungen, weil du das alles nicht mehr hören kannst?

Er weicht aus, sagt dann aber Ja. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob er das auch so meint.

Er wird wütender, sagt irgendwie sowas: Wir sind sowieso schuld, wenn du mit dem Studium aufhörst ... Ich habe keine Lust, mir das die nächsten 20 Jahre anzuhören ...

 

Ach, das nervt mich so dermaßen: Ich gebe mir Mühe beim Formulieren, sage ausdrücklich, daß ich für die Unterstützung danke, daß es meine Entscheidung ist, daß, wenn einer schuld ist, an meinerm Studiumabbruch, ich es bin, aber nicht sie, im Gegenteil, ohne ihre Unterstützung hätte ich schon vor Jahren aufhören müssen, weil ich die hohe Rückmeldegebühr nicht mehr hätte bezahlen können.

Ich drücke mich immer deutlich aus, aber immer wieder bekomme ich solche Antworten.

Was soll ich von ihnen halten? Fühlen sich meine Eltern genötig, mich zu unterstützen, wollen es aber im Grunde nicht?

 

[13:23]

Habe im Studierendensekretariat der Uni Potsdam angerufen.

Wenn ich mich nicht bei zur Zahlung der Rückmeldegebühr für Sommersemester 2005 entscheiden kann, ob ich Student bleibe oder nicht, kann ich mich zum 31. März 2005 exmatrikulieren lassen.

Die Exmatrikulation kann ich bis einen Monat nach Inkraftreten zurücknehmen. Dann muß ich die Rückmeldegebühr plus rund 15 Euro bezahlen und werde wieder als Student eingeschrieben.

Und wenn ich nichts unternehme, bleibe ich Nichtstudent.

Ist fast wie beim Probeabo einer Zeitung: meldet man sich nicht, wird man Abonnent. Nur in die andere Richtung.

 

[13:42]

Ich weiß nicht, was ich tun soll.

Ich würde schon gern zumindest die Vordiplomsprüfungen bestehen, will und kann mich aber nicht die nächsten Jahre über den lustigen Bemerkungen meines Vaters ärgern.

Als ich vorhin meinem Vater sagte: Wenn ich mir vorstelle, ich habe dann eine Prüfung oder gar das Vordiplom geschafft und du sagst sowas Lustiges wie: Nun kannst du ja endlich mal loslegen! ... Er lacht im Hintergrund.

Ich sage, siehst du, dir machen solche Bermerkungen Spaß, mich aber kränken sie sehr, lassen mich die Beherrschung verlieren.

 

[13:54]

Ich will auf keinen Fall, daß meine Eltern mich finanziell beim Studieren unterstützen, weil sie sich genötig fühlen - vielleicht sowas wie: wie wollen seine Zukunft nicht verbauen -, mich aber eigentlich nicht unterstützen wollen, weil die vielleicht glauben, ich schaffe einen erfolgreichen Abschluß doch nicht.

 

[13:59]

Das beschäftigt mich alles sehr. Mein Stoffwechsel hat sich beschleunigt. Eigentlich müßte ich jetzt zum Lauf starten, weil ich Körper aktiv wie bei einem Lauf ist, ich aber am PC sitze und Hunger bekomme. Würde ich jetzt laufen, würde mein Körper die Energie einfach von meinem Fett nehmen.

Ob er das auch beim Sitzen am PC kann?

 

[14:02]

Nein. Er verlangsamt den Stoffwechsel. Ich werde müde.

Läge ich im Bett, würde ich nach wenigen Minuten einschlafen.

 

[14:16]

Ich habe mich nicht hingelegt, habe aber Magenschmerzen.

Scheint so, als wenn sich mein Stoffwechsel beschleunigt wurde, weil meine Seele ihre Verspannung entgegenwirken wollte.

Jetzt, da ich diese Aktion unterbunden habe, findet meine Verspannung keinen Widerstand mehr und greif auf meinen Magen zu.

 

[14:24]

Ich sollte es mir ganz einfach machen: Kann ich aus eigener Kraft das Geld für die Rückmeldung zum Sommersemester nicht aufbringen, muß ich eben mein Studium beenden.

So liege ich niemand auf der Tasche und muß mich nicht laufend, wenn auch gerechtfertigt, wenn ich studiere ja seit 1993 und habe noch nicht einmal die Vordiplomsprüfungen bestanden, zurechtweisen lassen.

 

[15:19]

Habe noch einmal mit meinem Vater telefoniert.

Ob meine Eltern sich genötigt sehen, mich zu unterstützen, weil es sonst niemand tut, weil sie glauben, mit abgebrochenem Studium fallen ich in ein Loch, nehme mir vielleicht das Leben, wurde nicht deutlich beantwortet.

Mein Vater sagte nur: Wir unterstützen mich gern, wenn sie Erfolge sehen.

Die kann ich aber nicht vorweisen, obwohl ich mich bemühe.

Aber das reicht eben nicht. Mit allem, was ich seit Jahren unternommen habe, bin ich nicht nur nicht zu den von meinen Eltern, sondern auch nicht zu den von mir erhofften Ergebnissen gekommen.

 

[15:40]

Ich bin mit meinen Eltern so verblieben: Wir werden am Ende der Woche noch einmal über das Thema sprechen.

Ausdrücklich habe ich ihnen noch einmal gesagt, ich möchte auf keinen Fall, daß jemand von uns etwas tut, was er nicht wirklich will.

Ich möchte, sagte ich, daß wir alle zufrieden sind.

 

[17:33]

Ich habe sehr schlecht geschlafen, mir ist schlecht, als müßte ich gleich erbrechen, ich habe starken Kopfschmerzen.

 

[17:35]

Mein Ruheblutdruck beträgt 134/94 bei Puls 58.

 

[17:43]

Mein Ruheblutdruck beträgt 133/91 bei Puls 91.

Ich konnte mich noch nicht entspannen.

 

[17:50]

Mein Ruheblutdruck beträgt 125/89 bei Puls 69.

Meine Kopfschmerzen lassen langsam nach.

Vielleicht sollte ich heute noch zu einem kleinen Lauf aufbrechen.

 

[19:15]

Bin vom Lauf 362 zurück.

Ich fühle mich wieder gut, habe wieder Energie.

Ist eigenartig: Durch das Laufen verbrauche ich Energie, aber nach dem Lauf habe ich mehr als vor dem Lauf.

[nach oben]


Dienstag, 18. Januar 2005

[18.01.05, di, 1:00]

Seit ich im Bett liege, stelle ich mir vor, wie mein Leben sein wird, wenn ich nicht mehr zur Uni gehe und das Studium beende.

Meine Wohnung aufzuräumen würde mir Spaß machen. Ich glaube, solchen Gedanken hatte ich noch nie.

Vielleicht ist meine "Ordnung" immer ein Schutz gegen andere und ihre Interessen, denen ich mich schwer oder nicht entziehen kann.

Mache ich nur noch, was ich für mich machen will, muß ich mich nicht mehr hinter Barrikaden verstecken.

 

[6:15]

Zeitungstour beendet. Ich lege mich ins Bett.

Das wollte ich schon eher tun, weil ich heute vormittag zu Esra fahre, aber ich konnte in der Nacht erst nach Mitternacht einschlafen und bin zur Zeitungstour nicht so richtig munter geworden.

 

[8:30]

Ich wache auf. Der Wecker hätte ich erst 8 Uhr 50 geweckt.

Ich will wohl auf keinen Fall zu spät zu Esra kommen.

 

[9:25]

Ich verlasse das Haus.

 

[9:32]

Ich fahre mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof Postdam Stadt.

 

[9:50]

Die S1 fährt ab.

 

[10:29]

Ich komme in der Yorkstraße an und laufe zur U-Bahn.

 

[10:45]

Ich bin bei Esra.

 

[16:10]

Die Zeit verging leider viel zu schnell!

Esra hat sich hingelegt, um sich auszuruhen (sie bekommt bald ein Baby), ich breche auf.

Es war sehr schön bei Esra und ihrem ungeborenen Kind. Ich möchte noch nicht gehen.

Als ich auf der Straße ankomme, bin ich schon sehr traurig.

 

[18:47]

Ich bin wieder zu Hause.

Habe mehrere Halte auf meiner Rückreise eingelegt, weil ich noch nicht nach Hause wollte. Mit meiner traurigen Stimmung wollte ich nicht allein zu Hause sein.

 

[20:00]

Inzwischen bin ich schon nicht mehr so sehr traurig. Ich kann ja Esra und ihr Ungeborenes bald wieder besuchen.

Esra sagte: Wir können uns ja noch einmal sehen, bevor der Kleine auf der Welt ist.

Ja, das möchte ich gern.

[nach oben]


Mittwoch, 19. Januar 2005

[19.01.05, mi, 6:10]

Schön, wenn bereits um 6 Uhr der Arbeitstag zu Ende ist!

Da ich gestern wenig geschlafen habe, werde ich heute ausschlafen.

Um 14 Uhr habe ich noch einen Zahnarzttermin, ansonsten aber keine Verpflichtungen.

 

[14:30]

Habe meinen Antrag auf Exmatrikulation zum 31.03.05 aufgefüllt.

Morgen werde ich ihn zu Uni bringen um im Studierendensekretariat abgeben.

ICH BIN SO GLÜCKLICH!

 

[18:32]

Das wird gefeiert mit AC/DC LIVE!

 

[19:17]

Jetzt wird es besinnlicher mit Peter Gabriel "Secret World Live".

[nach oben]


Donnerstag, 20. Januar 2005

[20.01.05, do, 10:50]

Eigentlich wollte ich heute meinen Antrag auf Exmatrikulation abgeben, aber er regnet und stürmt, so daß ich nach wenigen Metern durchgeweicht wäre.

Ich muß den Antrag heute nicht abgeben, aber ich möchte schon gern, damit dieser Punkt abgearbeitet ist.

 

[11:25]

Der Regen peitscht nicht mehr gegens Dach. Ich gehe in die Küche, um zu sehen, wie das Wetter ist.

 

[11:26]

Nicht nur, daß es plötzlich nicht mehr regnetet, es scheint so gar die Sonne!

Ich ziehe mir meine Laufkleidung an und laufe zum Neuen Palais. Dort ist das Studierendensekretariat.

 

[11:50]

Habe meinen Exmatrikulationsantrag abgegeben und meine Exmatrikulationsbescheinigung erhalten.

 

[12:25]

Ich bin vom Lauf 364 zurück.

Nachdem ich an der Uni war, begann es wieder zu regnen. Teilweise so stark, daß ich durch meine Brille fast nichts sah.

[nach oben]


Freitag, 21. Januar 2005

[21.01.05, fr, 6:10]

Ich lasse die Domain seeleheilen.de bei 1&1 auf meinen Namen registrieren.

 

[11:10]

seelenheilen.de ist online.

Von der Registrierung bis zum Onlinesein sind 5 Stunden vergangen.

Vielleicht auch weniger, denn ich bin eben aufgestanden und habe nicht früher nachgesehen.

 

[14:20]

Esra und ich haben fast drei Stunden telefoniert.

Sehr interessant, was sie aus ihrem Leben und von ihrer Arbeit erzählt hat.

 

[18:23]

Auf seeleheilen.html beschreibe ich mein Vorhaben seeleheilen.de.

 

[19:00]

ICH BIN SO GLÜCKLICH!

 

[19:11]

Gestern abend und heute morgen habe ich in einigen meiner Psychologie-Büchern gelesen.

Dabei dachte ich: meine Exmatrikulation ist hauptsächlich ein Abschied von und wegen diesem intellektuellen Nichtnutz.

Im Herbst 1993 begann ich mein Psychologie-Studium nicht, weil ich unbedingt studieren wollte, sondern weil ich den Abschluß anstrebte, um Psychotherapeut zu werden.

Zumehmend mehr hat mich immer stärker haben mich gängige pyscholgische Ansichten und Theorien genervt.

Solange ich sie nicht auswendig lernen, wiedergeben und anwenden muß, kann es soviele von ihnen geben wie Sterne am Himmel. Werden ich aber zu ihrem Vortrag genötigt, verstehe ich keinen Spaß mehr.

 

Die andere Seite meine seelischen Gesundung ist meine schwindende Bereitschaft, Dinge zu tun, die für mich nutzlos, hirnrissig oder gar schädlich sind.

So wäre ich auch nicht bereit, eine Klausur oder Hausarbeit in der neuen Rechtschreibung zu verfassen.

Wenn ich mir vorstelle, ich müßte eine Klausur in der neuen Rechtsschreibung abfassen, sehe ich mich vom Platz aufstehen und den Raum mit einer deftigen Bemerkung verlassen.

Ich habe keine Lust mehr und habe es auch nicht nötig, so eine Scheiße mitzumachen!

Weil ich weder Titel noch Luxus-Sportwagen noch Villa antrebe. Ich kann auch mit 400 Euro nette im Monat glücklich sein. Warum sollte ich mich wegen der verwichsten Mackem von irgenwelchen Versagern seelisch verbiegen? Ich sehe keinen Grund.

 

Mein Entscheidung, mein Studium zu beenden, ist auch sehr groß mein Entschluß, meinen Weg noch kompromißloser zu gehen.

Hier geht es lang, und kein braver Umweg verbiegt mich mehr!

 

[19:33]

Plötzlich schmeckt es in meinem Mund nach einem leckerem ersten Bier (nicht nach dem letzten, das man als Trinker fast erbricht).

Und ich denke: wenn ich meine Freßsucht auflöse, kann ich es vielleicht auch mit meine Trinksucht schaffen.

Denn wenn ich es schaffe, beherrscht und suchtfrei zu essen, sollte ich auch entsprechend trinken können.

 

[20:06]

Das will ich nicht demnächst ausprobieren. Auch vermisse ich keine feuchtfröhlichen Umtrunke. Aber vielleicht einmal bei einem schönen Abendessen ein Glas Rotwein oder zur Erfischung an einem heißen Tag ein kühles Glas Bier.

Wichtig ist mir: ein Glas.

So wie ich jetzt eine Kompottschale Schokoladeneis esse, nicht mehr mehrere Suppenschalen oder gar erst mit dem Schleckern aufhöre, nachdem ein Liter Eis in meinem Magen ist.

Das Problem war ja nie das Bier oder der Wein, so wie es nicht das Eis oder die leckere Linsensuppe ist, sondern mein Verhalten dem Bier und Wein gegenüber.

 

[21:15]

Vorhin habe ich auf einer deutschen Internetseite Werbung für folgende Artikel gesehen:

The Fastest Man on Earth.

Ehe ich es richtig gemerkt hatte, hatte ich mich gefragt, was das bedeutet, erinnerte "Fast Food", sah einen fetten Mann und dachte, es wird geworben, einen Artikel über den fettesten Mann der Erde zu lesen.

Interessiert klickte ich den Link an und war gespannt, wie schwer der fetteste Mann der Erde sein wird, ob er sich noch bewegen kann, wie er sein Gewicht erreichte.

Der 1 Meter 84 großer Sumo-Ringer Konishiki hatte immerhin ein Höstgewicht von 288 Kilo und gewann drei Tuniere. Für mich unvorstellbar, wie man sich mit solchem BMI überhaupt noch bewegen kann, nachdem mir meine 113 Kilo schon zuviel waren.

Enttäuscht stellte ich fest, daß ein Artikel über den schnellstes Mann angezeigt wurde.

Das zum Thema, in Deutschland lieber deusch als unnötig englisch zu schreiben.

[nach oben]


Samstag, 22. Januar 2005

[22.01.05, sa, 1:00]

Heute ist wohl mal wieder eine Nacht, die ich vollständig zum Tag mache: Ich bin so munter, daß ich, nachdem ich im Bett gelegen habe und nicht einschlafen konnte, aufstehe und bis zur Zeitungstour aufbleibe.

[4:15]

Wie schnell doch die Zeit vergeht, wenn man gute Tage hat und nicht schlafen kann: Nicht nur schon wieder Samstag, sondern schon wieder Wochenende, denn ich habe die Zeitungen bereits ausgetragen!

 

[5:30]

Ich habe noch gelesen. Jetzt werde ich schlafen.

 

[11:15]

Sehr müde war ich aber nicht, denn ich bin schon wieder aufgewacht, ohne geweckt worden zu sein.

 

[14:00]

Eben war ich bei Rewe einkaufen.

Ich habe Flaschen abgegeben für 1,02 Euro und wollte meine Lieblingshustenbonbons (Wiedenbauer Hochfeine Husten-Bonbons mit Bienenhonig und Vitamin C) für 0,99 Euro kaufen.

Ich dachte, 1,02 Rückgabegeld - dann muß ich noch 3 Cent bezahlen, und holte ein 5-Cent-Stück auf meinem Portemonnaie.

Der Kassierer guckte mich verwundert an. Da merkte ich: die Bonbons kosten weniger als ich Pfandgeld bekommen.

 

Sie fragen sich, warum ich das erzähle? Ist doch nicht passiert, und wenn, wäre es nur um 3 Cent gegangen.

Ja, das ist richtig. Aber: solche Denk- oder Rechnenfehler sind mir auch schon in der Statistikübung oder in der Klausur passiert.

Das ist dann sehr unangenehm, weil ich mich ja nicht in einem Nachhilfekurs für Grundrechenarten, sondern an einer Universität im Kurs Statistik befinde.

 

Tja, Zahlen, das habe ich schon oft geschrieben, mag ich nicht sonderlich. Ich fühle bei Zahlen nichts, habe auch keine Beziehung zu ihnen.

Zahlen sind abtrakt, sagen alles oder nichts. Für mich sind Zahlen Hilfsmittel. So wie eine Schreibmaschine oder ein Computer.

Gefühle habe ich bei Worten oder Klängen oder Bildern bzw. Gedanken.

 

Na ja, so ist das eben. Ich hätte schon viel früher meine Talente fördern und mich weniger um die Förderung meiner Nichttalente bemühen sollen.

Denn was ich auch unternehme, in Mathematik werde ich nie erfolgreich sein. Außerdem macht sie mir keinen Spaß.

 

[14:36]

Anruf bei meinen Eltern.

Wollte meinen Vater sprechen und ihn fragen, wie es ihm geht.

Mir ist es wichtig, daß sich vor seinem 65. Geburtstag die Aufregung um meinen Studiumabbruch gelegt hat.

Er ist jedoch nicht zu Hause. Ich spreche mit meiner Mutter.

Auf meine Frage, wie es ihr geht, sagt sie, sie habe bißchen schlechte Laune.

Ob sie traurig wegen meines Studiumabbruchs sei?

Na ja, sagt sie, die Armeezeit hast du abgebrochen, das Studium hast du abgebrochen.

 

Ich denke an die Geschichte, als sie Traktoristin werden wollte, ihr Vater ihr aber eine Ohrfeige gab und sagte, sie solle etwas Vernüftiges werden.

Sie ist dann Pionierleiterin geworden, später Leherin.

 

Dabei hätte sie auch auf einer LPG erfolgreich sein und viel Geld verdienen können. Währscheinlich hätte sie mehr Erfolg haben und mehr Geld verdienen können. Und vielleicht wäre sich letztendlich auf dem Land glücklicher geworden. Vielleicht aber auch nicht, denn es hat sie nach Berlin gezogen.

 

[15:21]

Ich telefoniere mit meinem Vater.

Ich erzähle die Episode vom Einkauf bei Rewe und sage, sowas ist mir auch schon in Statistik passiert, auch in Klausuren.

Er sagt: Da hast du wohl geträumt.

Das regt mich ja schon wieder auf. Ich sage, ich träume nicht, wenn ich einkaufe, schon gar nicht, wenn ich eine Klausur schreibe.

Ich kann seine Interpretationen nicht mehr hören, egal, ob er sagt, ich würde mir nicht genug Mühe gegen oder träumen.

Dann sage ich: Sollte ich vielleicht fragen, ob ich mit dem Studieren aufhören darf?

Ich frage: Darf ich bitte mit dem Studieren aufhören?

 

Das ist nicht zu fassen, ich als 45jähriger Mann bettle bei meinen Eltern, endlich mein Leben leben zu dürfen.

Er sagt: Selbstverständlich ist es eine Entscheidung, ob ich mit dem Studium aufhöre, aber ich könnte doch noch ein halbes Jahr probieren.

 

Ich halte das nicht mehr aus. Ich sollte mir das nicht mehr antun.

Diese Ignoranz meiner Wünsche macht mich sehr traurig, macht mich wütend.

Mein Vater erzeugt eine stille, verzweifelte Wut in mir, drückt mein Glück nieder, tampft es in den Boden und legt eine großen Steinplatte obenauf.

 

[18:10]

Auch nach meinem Nachmittagsschlaf bin ich noch sehr traurig.

Immer wieder diese Angriffe auf die Selbstbestimmung meines Lebens.

Ich will und kann nicht mehr erklären, warum ich nach fast 12 Jahren Studium, das mich nicht einmal zu bestandenen Vordiplomsprüfungen gebracht hat, endlich mit dem Studieren aufhöre.

 

[19:50]

Habe bißchen an meiner Homepage gebastelt und in Fraktur geschrieben - die Überschrift meiner Homepage "Andreas Thieme" blickt meinen Besuchern jetzt auch in Fraktur entgegen:

Andreas Thieme

Außerdem habe ich folgende kleine Anmerkung zur Überschrift geschrieben:

Anmerkung Überschrift

Fraktur.

Meine traurige Stimmung ist verflogen.

Ich werde nicht mehr lange versuchen, meinen Eltern zu erklären, warum ich mit dem Studium aufgehört habe, aufhören mußte.

Als ich von der Armee wegging, habe sie das auch nicht begriffen. Damals war die Situation aber verständlicher, weil man mir bei der NVA übel zugesetzt hat.

Wenn sie gern jemand aus der Familie an der Universität haben wollen: Mein Vater ist Rentner, er kann das Abtur machen und sich danach an einer berliner Universität einschreiben. Welches Fach er belegt, ist mir egal. Wenn er möchte, kann er gern Psycholgogie studieren.

[nach oben]


Sonntag, 23. Januar 2005

[23.01.05, so, 7:00]

Ich habe einigermaßen geschlafen und sehr angenehm von einer Frau mit einem schönen Körper geträumt.

Meine Traurigkeit ist jedoch nicht verflogen, sie ist nur schwächer geworden und in Verzweiflung umgeschlagen.

Ich frage mich, ob ich wieder den Kontakt zu meinen Eltern einschränken muß, damit ich nicht die nächsten Monate und Jahre ihre Vorwürfe ertragen brauche.

 

[8:55]

Ich möchte meine Eltern nicht weniger anrufen oder besuchen, aber ich werde mir ihre Vorwürfe nicht mehr anhören.

Ich werfe ihnen ihre Versäumnisse oder Fehlentscheidungen auch nicht mehr vor. Dabei hatte sie direkten, nicht selten negativen Einfluß auf das Leben meines Bruders und auf mein Leben.

Also: Waffenstillstand - auf beiden Seiten.

 

Wobei sie ja immer alles getan haben, damit es meinem Bruder und mir gut und besser geht.

Und mein Bruder und ich uns nie genug Mühe geben haben.

Wie ich diese dumme, selbstsüchtige Argumentation hasse!

 

[9:15]

Ja, es ist richtig: am meisten wehren sich meine Eltern gegen mein freies Leben.

So lange, wie ich denken kann. Und ich Trottel versuche immer wieder, verstanden zu werden und vor allen Dingen das Recht zu erhalten, selbst zu entscheiden, was mich glücklich macht und was nicht.

Vielleicht ist mein Treben nach Glück für meine Eltern ein Albtraum, weil sie ihr Leben nie auf ihr Glück ausgerichtet haben?

Aber damit habe ich doch nichts zu tun, oder?

 

[9:20]

Wenn ich nur dann mein Leben nach meinen Vorstellungen gestalten, nur dann glücklich sein kann, wenn ich sehr wenig oder keinen Kontakt zu meinen Eltern habe, dann werde mich eben wieder ohne Abschied verabschieden.

Ich möchte das nicht tun, aber ich darf nicht mehr zulassen, daß andere Menschen unbegründet meine Freiheit und damit mein Glück einschränken.

 

[13:15]

Wenn man mich die letzten Jahre gefragt hat, wie es mir geht, habe ich meistens geantwortet: "Mir geht es gut."

An meine Entgegnung "Mir geht es sehr gut", kann ich mich nicht erinnern. Vermutlich fühlte ich mich auch nicht sehr gut.

Nachdem ich den Antrag auf Exmatrikulation abgebeben und begriffen hatte, wie wichtig dieser Schritt für mich ist und welche Veränderungen er umfaßt, und meine Eltern zwar kein Wohlwollen, aber auch keinen Widerstand signalisierten, fühlte ich: Mir geht es sehr gut!

 

Aus dem "sehr gut" ist inzwischen ein "es geht so" geworden. So sehr ärgern mich die Einwürfe meiner Eltern.

Wie kann eine Mutter nach über 25 Jahren immer noch bedauern, daß ihr Sohn seine berufliche Laufbahn bei den Streitkräften abgebrochen hat, obwohl sie weiß, er ist während seiner Offizierszeit Alkoholiker geworden und wurde außerdem unwürdig behandelt.

Ganz davon abgesehen: Reicht mein Wunsch, etwas nicht mehr zu machen, nicht als Begründung, es nicht mehr tun zu dürfen?

 

Ich erinnere: Als ich in die Zetkinstraße 17 zog, halfen mir meine Eltern beim Renovieren.

Mein Vater strich mit Silberbronze die Türen des Kacheloffens. Ich sagte zu ihm: Brauchst du nicht, ich streiche die Türen mit schwarzer Farbe.

Er sagte: ... Ich weiß nicht mehr genau, was er sagte, werde aber nicht vergessen, wie der Tag ausgegangen ist: Nachdem wir uns sehr heftig getritten hatte - er wollte einfach nicht einsehen, daß ich in meiner Wohnung bestimme, was welche Farbe hat -, habe ich meine Eltern gebeten, ihre Unterstützung einzustellen und meine Wohnung zu verlassen.

Wir haben uns lange Zeit nicht mehr gesehen und, da meine Eltern in der DDR kein Telefon hatten, und lange Zeit nicht gesprochen.

 

[13:30]

Nachdem ich meine Exmatrikulation in Händen hielt, fühlte ich mich frei und meine Seele öffnete sich.

Zu Hause angekommen, schaltete ich bein meinen Telefon, fast seit Jahren fast stumm geschaltet ist, so daß ich zwar telefonieren kann, aber ankommende Anrufe nicht höre, die Lautstärke an.

Über diese Handlung war ich sehr erstaunt, weil sie unvermittelt kam. Plötzlich war ich wieder bereit für die Kontaktausnahme, selbst wenn man von mir nur wissen will, was ich über Rotwein denke, um mir eine Kiste voll zu verkaufen.

 

[13:58]

Nicht nur das: Ich bin auch allgemein seelisch offener geworden, verlasse wieder gern das Haus.

Nicht, daß ich mich zu Hause für Wochen eingeschlössen hätte, aber ich konnte schon nicht selten oft tagelang keine Menschen sehen.

Sie haben mir nicht nur nicht gefehlt, sondern haben auch, ohne einen Laut von sich zu geben, meine Ruhe allein durch ihren Anblick gestört.

 

[14:05]

Meine höhere Lebensqualität nach meiner Exmatrikulation sollte ich mir von niemanden wieder nehmen lassen, schon gar nicht meinen Eltern, die, wie sie immer wieder betonen, ja nur mein Wohl im Sinn haben.

 

[14:20]

Habe mit meinem Vater telefoniert.

Ich sagte: Ich habe noch einmal über deinen Vorschlag, noch ein Semester zu probieren, nachgedachte, mich aber dageben entschieden. Nicht weil es vernüftiger ist, sondern weil schon der Gedanken, nur noch ein Semester zu studieren, mir körperliches Unwohlsein bereitet.

Ich sagte: Ich möchte gern das Thema Studieren abschließen. Ich habe mich entschieden, das ist für uns alle nicht leicht, aber es wird auch nicht besser, wenn wir das Thema weiterhin ausführlich behandeln.

Ich sagte: Selbstverständlich habe ich damit keinen Ansprüch mehr auf euer finanzielle Unterstützung, denn die war immer an mein Studieren geknüpft. Ich studiere nicht mehr, also gibts keine Unterstützung mehr.

Mein Vater hat mir mehr oder weniger zugestimmt, aber, möchte ich anfügen, sie bereiteten ihr Mittagsschläfchen vor.

Für mich ist das Thema Studieren jetzt abgehakt. Ich werde nicht mehr mit ihm anfangen. Sollten es meine Eltern tun, werde ich sagen: darüber haben wir aber schon mal anders gedacht.

Mein Vater meinte: Wenn du mit dem Studium abgeschlossen hast, kannst du dich ja auch wieder mehr auf andere Sachen konzentrieren.

Ja, sagte ich, so sehe ich das auch.

Mir scheint also, wir haben das Kriegsbeil begraben. Ich hoffe, mein Eindruck täuscht mich nicht.

Ich werde das alles jedenfalls wieder so behandeln, als wäre es abgeschlossen, und versuchen dort anzuknüpfen, wo ich nach Abgabe der Exmatrikulation angefangen habe.

 

[16:30]

Eben habe ich meine Seele gereinigt und mich etwas hingelegt. Jetzt schneit es draußen. Meine Seele und die Umgebung sind wieder weiß.

 

[19:05]

Ich überlege, meine Wohnung umzuräumen.

Als ich die Zetkinstraße 17 zog, richtete ich meine Wohnung für mehrer Menschen ein. In dem 5 mal 5 Meter großem Wohnzimmer stand eine Couch, mehrere Stühle und Sessel, lagen Matratzen aus, auf den nicht nur ich lagerte oder schlief.

Nicht selten gab ich Feiern, an denen mehr als 10 Leute teilnahmen, teilweise übernachteten.

Stück für Stück wurde meine Wohnung aber auf mich allein zugeschnitten, so stark, das ich zeitweise nicht einmal Sitzplätze für zwei Personen hatte.

Diese Art zu wohnen zog mit mir in die Zeppelinstraße 68 i.

Seit Ende 1999 wohne ich hier, aber erst jetzt wird mir bewußt, daß hier kein Platz für andere Menschen ist.

Plötzlich, einige Tage nach meiner Exmatrikulation, finde ich das schade.

Ich glaube, seit einigen Jahren leider ich an einem nicht starken, aber dauerhaften Mißmut, weil ich mit meiner erzwungenen Anpassung an das Universitätsleben und meiner Unterordnung an die vermittelten psychologischen Lehrinhalte überfordert bin.

Das wundert mich nicht, wollte ich doch immer nur Psychologie studieren, um später Psychotherapeut sein zu dürfen, nie wegen des Studierens an sich oder um eine akademisches Laufbahn.

 

[20:06]

Heute habe ich wieder leckere Linsensuppe gekocht und leider nicht nur gestern, sondern auch heute zuviel gegessen, um abzuspecken.

Was solls, war ein schweres Wochenende, an dem ich oft zwischen Verzweiflung und Wut pendelte.

Das Essen hat mich beruhigt. Nur sollte konnte ich heute in Ruhe und sachlich mit meinem Vater sprechen und das Kriegsbeil begraben.

Was spielt es da für eine Rolle, ob ich ein halbes oder ein Kilo zugenommen habe? Keine!

 

[20:10]

Trotzdem wäre es besser gewesen, meine seelischen Spannung durch einen Lauf abzubauen, aber mein rechtes, durch einen Unfall geschädigte Sprunggelenkt hat wehgetan, und als auch leichte Gymnastik keine Linderung brachte, lief ich lieber nicht und aß etwas mehr als vorm Wochenende.

 

[20:33]

Bezeichnend für die Welt meines Vaters ist auch folgendes:

Er sagte vorhin, ich soll doch meinen zweiten Arbeitgeber bitten, mich hauptsächlich ab mittags arbeiten zu lassen, damit ich nach der Zeitungstour ausschlafen kann.

Ich sagte, als Kraftfahrer kann ich auch direkt nach der Zeitungstour arbeiten, weil ich dazu kein Gehirn brauche, reagierte er gekränkt, worauf ich sagte, nichts gegen Kraftfahrer, aber gegenüber dem, was mein Hirn in einer Statistikvorlesung leisten mußte, ist kraftfahren im Halbschlaf durchzuführen.

Die Irritation meines Vaters zeigt auch seine fehlende Vorstellung der Anforderungen an einen Studenten.

[nach oben]


Montag, 24. Januar 2005

[24.01.05, mo, 5:54]

Draußen sind es minus 1 Grad, und alles ist mit einer dünnen, aber festen Schneedecke "bereinigt".

Ich wiege (4 Uhr) 110 Kilo. Diesen Preis muß ich für meine gestrige Schlemmerei zahlen.

 

[10:30]

Meine Hoffung, nur wenig Fett angesetzt zu haben, ist vielleicht nicht unbegründet: jetzt wieder ich 109 Kilo.

Trotzdem fühle ich mich noch immer gemästest, obwohl ich im Vergleich mit früher nicht viel gegessen habe.

 

[12:05]

Bin von Lauf 365 zurück.

 

[19:10]

Der Lauf hat mir sehr gut getan!

 

[19:30]

Gestern sagte mein Vater am Telefon: Du mußt ja keinem erzählen, daß du 12 Jahre Psychologie studiert, aber keinen Abschluß hast.

Ich antwortete: Ich schäme mich nicht deswegen, weil ich mir immer viel Mühe gegeben habe. Zu meinen Talenten gehört eben nicht, ein guter Schüler oder Student zu sein.

Anfügen möchte ich heute: Schule und Universität, so wie ich sie kenne, engen mich zu sehr ein. Ich arbeite gern an komplexen Aufgaben in eigener Verantwortung.

Bei der Armee war solche Aufgabe zum Beispiel: Sorge dafür, daß keine Panzermotoren mehr kaputtgefahren werden.

Selbstverständlich beginnt die Lösung der Aufgabe mit der Bestandsaufnahme, warum Panzermotoren überhaupt kaputtgehen, dann werden Maßnahmen ersonnen, das zu verhindern, die danach umgesetzt werden.

Die Aufgabe ist erfüllt, wenn die Panzermotoren die erwartete Laufzeit durchhalten.

Diese weinigen Zeilen der Aufgabenbeschreibung lassen vermutlich nicht erahnen, wie langwierig und komplex die Aufgabe ist.

An der Universität durfte ich im Grunde nur Kinderkram bewältigen. Auch wenn einige Teilaufgaben sehr kompliziert waren, war die Aufgabenstellung doch meist sehr theoretisch und für das Leben außerhalb der Universität nicht nutzbar.

[nach oben]


Dienstag, 25. Januar 2005

[25.01.05, di, 20:10]

Das seit einigen Tagen herrschende Wetter (Minusgrade, Schnee, Wind, keine Sonne) hat mich wieder winterschläfrig gemacht.

Daran konnte auch der gestrige Lauf nichts ändern.

Schade, es hat mir Spaß gemacht, aktiv zu sein wie im Frühling. So liege ich aber viel im Bett, schlafe viel.

Lese aber auch wieder in Büchern, die ich lange nicht mehr in der Hand gehabt habe, weil mein Hirn mit Universität und meinem Bekämpfen meiner Studium-Abwehrhaltung zu viel zu tun hatte.

Viel Freude hatte ich mit:

 

[20:45]

Nicht nur, daß ich winterschläfrig bin, der gestrige Lauf hat meine Muskeln verhärtet. Wahrscheinlich war ich für das kühle, windige Wetter nicht warm genug angezogen.

 

[21:30]

Peter Gabriel's "Secret World live" und Muskeldehnungen haben mich warm und weich gemacht und meine Stimmung erheblich verbessert.

[nach oben]


Sonntag, 30. Januar 2005

[30.01.05, so, 14:09]

In der Nacht von Donnerstag zu Freitag hatten mein Vater, meine Mutter und ich jeweils einen Traum.

Meine Mutter träumte, sie kauft sich einen Hund für 15 Euro.

Mein Vater träumte, er fährt in seinem Auto "Wartburg" und wird von einer Straßenbahn zweimal gerammt. Tatsächlich passierte das jedoch nie.

Ich träumte von einer Konferenz, in der über die Richtigkeit meiner Entscheidung, mich exmatrikulieren zu lassen, beraten wurde. Ich selbst bzw. der meiner Seelenteile, der den Antrag auf Exmatrikulation abgegeben hat, durfte nicht mitdiskutieren und wehrte sich im Traum mehrmals heftig, sabotierte die Beratung, indem er den Traum immer wieder blocklierte, neu startete und zu seinen Gunsten gestaltete, was ihm jedoch nur immer kurzzeitig gelang, weil die Teilnehmer der Krisensitzung sich nicht von ihm beeinflussen ließen und immer wieder zum gleichen Ergebnis kamen: die Exmatrikulation war voreilig, ich sollte dort fortsetzten, wo ich, nachdem mein Vater mir vorwarf, ich würde mir beim Studieren zu wenig Mühe geben, aufhörte: mich mit dem zum Bestehen der Vordiplomsprüfungen in Psychologie zu beherrschenden Wissen so zu beschäftigen, wie ich es mit der Bibel oder anderen mich interessierenden Themen tue (siehe Tagebuch ab 10.01.05, mo, 14:41).

Wie gegenwärtig die Träume meiner Eltern waren, kann ich nicht sagen. Mein Traum war jedoch so wirklich, daß ich schwören könnte, diese Konferenz hat tatsächlich stattgefunden, ich bin immer wieder in den Konferenzraum eingedrungen, weil ich es undemokratisch fand, nicht teilnehmen zu dürfen, und wurde immer wieder hinausgeworfen. Solche wirklichen Träume hatte ich bisher nur von Zechtouren, auf denen ich schon öfter war und nach denen ich schwören würde, ich hätte die ganze Nacht durchgesoffen, auch wenn ich nicht glaubhaft darstellen könnte, bis zum Umfallen besoffen zu sein, ohne Alkohol im Blut zu haben.

 

Nach der Zeitungstour am Freitag konnte ich nicht lange schlafen, zu fassungslos war ich durch die Energie meines Traumes.

Ich rief bei meinen Eltern an und erzählte ihnen alles. Als mein Vater nicht so richtig verstand, um was es mir geht, sagte ich zur Erheiterung meiner Mutter: Ich kann heute keine Rücksicht auf dich nehmen und nicht warten, bis du alles verstanden hast, sondern laufe jetzt zur Universität und nehme meine Exmatrikulation zurück und bezahle anschließend die Rückmeldegebühr für das Sommersemester 2005.

So habe ich es getan.

[nach oben]


Montag, 31. Januar 2005

[31.01.05, mo, 8:30]

Über Nacht ist fast der gesamte Schnee geschmolzen. Was gestern noch als Schnee gefallen wäre, regnet jetzt auf die Erde.

 

[9:46]

Habe nach sehr langer Zeit wieder einmal mit meinen Schreibmaschinen Optima SP 50 und Triumph Matura 50 geschrieben.

[nach oben]