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Rechtschreibreform - Gedanken zu einer neuen Rechtschreibung oder Denkt auch an die Maschinen und damit an die Zukunft.

[10.03.06, fr, 13:10]

1) Nachträglich sollte Texte nicht in eine neue Rechtschreibung gewandelt werden. Insbesondere anspruchsvolle, weil deren Schreiber die Möglichkeiten der damaligen Rechtschreibung ausgeschöpft haben.

Wende ich zum Beispiel die neuen Komma-Regel auf Werke von Thomas Mann oder Christa Wolf, die Kommas intensiv nutzen, an, entstelle ich ihre Texte, so also würde ich bei Musik Pausenzeichen löschen. Oder als wenn man Software von einer Programmiersprache in eine andere übersetzen will: Man kann nicht einfach nur Worte in andere Worte tauschen, sondern muß darauf achten, daß der Sinn der neuen Worte dem der alten entspricht.

Zudem spielen Schriftsteller oft mit ähnlichen Worten, die verschiedenes bedeuten: "wohl ausgewogen" und "wohlausgewogen" kann man nicht einfach umwandeln, indem man zweimal "wohl ausgewogen" schreibt; man müßte den Text zu "vermutlich ausgewogen" und "gut ausgewogen" bzw. "wohl ausgewogen" ändern, wobei "wohl ausgeworgen" jetzt "wohlausgewogen" bedeutet, weil es "wohlausgewogen" nicht mehr gibt. (Ist verwirrend, aber ich habe mir das nicht ausgedacht.)

Nach Duden 1996; im Duden 2004 gibt es beide Woorte wieder. Wobei ich nicht sicher bin, ob die Worte wieder wie vor 1996 angewendet werden, weil der Unterschied nicht mehr erklärt wird, der Eindruck entsteht, es sind zwei Schreibungen des gleichen Wortes, so wie man auch wieder "sogenannt" zuläßt, aber den Unterschied zu "so genannt" nicht herausstellt.

Also läßt man Texte am besten in der Rechtschreibung, in der sie geschrieben wurden. Oder läßt sie nur von Leuten übersetzen, die tatsächlich etwas vom Schreiben verstehen, nicht nur einfach mal schnell aus "daß" "dass" machen und aus "wohlausgewogen" "wohl ausgewogen".

Dann würden nicht nur Texte in alter Rechtschreibung zwar umgeschrieben, aber nicht entstellt, auch Texte in neuer Rechtschreibung wäre unmißverständlich. Aber wem sage ich das: Wenn Leute Dinge tun, die davon Ahnung haben, ist es immer besser für die Dinge und die, die mit ihnen zu tun haben.

 

2) Problem gibt es, wenn ich im Internet veröffentlichen will, aber immer wieder sehr lange Worte schreiben muß: im Deutschen gibt es viele lange Worte, aber man kann sie nicht trennen, weil ein Wort(teil) je nach Fenster- und Schriftgröße die Position wechselt und es in HTML keine standardisierte Silbentrennung gibt. (Bei mit Micosoft Word geschrieben HTML-Seiten werden sie vom Microsoft Internet Explorer berücksichtig, aber nicht von anderen Browsern, siehe folgendes Beispie: HTML-Silbentrennung).

Was will ich sagen? Englisch ist derzeit die Sprache der Technik, also sollten wir unsere deutsche Sprache (und damit wohl auch unsere Art zu denken) so reformieren, daß sich Worte und Gedanken aus vielen kleinen Teilen zusammensetzen und Worte, die verschiedenen Sinn durch Zusammen- oder Getrenntschreibung ergeben, nicht mehr benutzen (oder gar abgeschaffen?) und durch andere ersetzen.

Dann wird ein großer Teil von Spitzfindigkeiten verschwinden, die wohl Akademiker mögen und vorangetrieben haben, um ihre Überlegenheit zu verbalisieren, seit sie ihre Gedanken nicht mehr in Latein formulieren.

 

Vielleicht geht aber die deutsche Sprache und die Deutschen gerade eine andere Richtung, je mehr Deutschland ein Land wie andere ist.

Habe ich vor einigen Jahren ein Programm installiert, wurde der Status angezeigt oder der Fortschritt. Jetzt wird mir der Prozeßstatus (oder Prozessstatus) mitgeteilt.

Früher haben Retter Menschen aus Notlagen geholfen. Heute engagieren sich die Rettungskräfte der Rettungsteams in Rettungsmissionen.

Früher hat man Frieden geschlossen. Heute ist man in einem schwierigen Friedensprozeß multinational und interdisziplinär involviert.

Die Handlungen haben sich nicht geändert und sind banal, aber wichtig wie zuvor. Durch ihre bombastische Bezeichung fühlen wir uns jedoch besonders.

Ich vermute, genau das ist auch der Hauptgrund, warum sich einige Leute die sogeannte Rechtschreibreform überhaupt ausgedacht haben und jetzt so hartnäckig an ihr festhalten: Wenn ich kein Buch schreiben kann, lasse ich die Bücher der anderen alt aussehen und mache das Schreiben neuer schwerer, indem ich einem über Jahrhunderte gewachsenen Instrument die Spitzen abschleife, damit es nicht mehr stechen, sondern nur noch tölpeln kann.

Ende der Ansage.

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