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"Liebesleben" Roman von Zeruya Shalev

[23.08.00]

Am 19. August 2000 kaufte ich mir den Roman "Liebesleben" von Zeruya Shalev (siehe Tagebuch vom 19.08.00).

Obwohl ich gleich am Samstag mit dem Lesen begann, habe ich erst das erste Kapitel gelesen. Diese 13 Seiten habe ich Zeile für Zeile genossen, Passagen oft mehrmals gelesen und leise für mich gebetet, daß das nie aushört, dieses Gefühl, das mich beim Einsaugen der Worte, der Atmosphäre drängte, nichts zu überstürzen. Zulange habe ich kein Buch mehr in den Händen gehalten, bei dem mich das Thema und seine sprachliche Umsetzung so bannt. Also, liebes Buch, lebe, lebe lange!

Das Thema, soweit ich von ihm gehört habe: Eine verheiratete Frau verliebt sich in den Freund ihres Vater. Von diesem deutlich älteren Mann fühlt sie sich angezogen und abgestoßen, aber dem Animalischen kann sie sich nicht entziehen.

Ich bin gespannt, was alles passiert. Denn darauf "warte" ich insgeheim noch: eine Frau taucht in meinem Leben auf und bringt alles, womit ich zufrieden bin, durcheinander. Danach ist nichts mehr, wie es zuvor war.

Eine ähnliche Situation behandelt der französische Film "Das Verhängnis".

 

[12.09.00]

Inzwischen habe ich es zum 4. Kapitel geschafft.

Seite 30:

"Ich fragte mich, ob all die Leute, die hier herumliefen, jemals gefühlt hatten, was ich vor wenigen Minuten gefühlt hatte, es war wie Feuerschlucken, ich hatte schon immer wissen wollen, wie das ist, Feuerschlucken, was man im Augenblick bevor man die brennende Fackel in den Mund steckt, empfindet, was, wenn sie drin ist und die Gefahr besteht, seine zarten Schleimhäute für immer zu verlieren, und jetzt wußte ich es, aber was nützte mir dieses Wissen, was fing ich damit an? Ich dachte an sein zusammengerolltes Glied in der Unterhose, an die junge Frau mit der präzisen Frisur, wer war sie überhaupt, und hoffte, sie sei seine Tochter, glaubte es aber nicht wirklich, um seine Frau sein zu können, war sie zu jung, und wohin waren sie gegangen mit der vollen Tasche und der vollen Unterhose, warum hatten sie mich nicht mitgenommen, denn ich hatte etwas verloren, dort in der engen Umkleidekabine, ich hatte einen Schatz verloren, von dem ich überhaupt nicht gewußt hatte, daß ich ihn besaß, das Nichtwissen, wie es ist, wenn man Feuer schluckt, denn jetzt, wo ich es wußte, verspürte ich einen schrecklich faden Geschmack, weil alles, was weniger war als das, mich nicht mehr begeistern würde."

Seite 47:

"... und wieder fragte ich mich, warum er in seiner eigenen Wohnung weniger anziehend wirkte als in meinem Kopf ..."

Mir wird schaurig. Ich fühle, ich werde in etwas hineingezogen, aus dem es kein Zurück gibt. Zumindest kein unbeschadetes Zurück.